Dioxin-Bremse für Niedersachsens Industrie

■ Dioxin-Verordnung erlassen

Berlin (taz) – Dioxin, das Supergift, quillt auch aus Stahlwerken. Keine Überraschung zwar für Fachleute, die ersten realistischen Messungen an den Kaminen der Hoeschwerke in Dortmund haben jedoch nicht nur die Schulbuchtheorie bestätigt, sie haben die Öffentlichkeit alarmiert. Dioxin-Moleküle wurden in weit höheren Konzentrationen gefunden, als bisher zu befürchten war. Als erstes Bundesland will nun Niedersachsen Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen ziehen. Monika Griefahns Umweltministerium hat gestern eine Verordnung erlassen, die den Dioxin- Anteil in industriellen Abgasen auf höchstens 0,1 Nanogramm pro Kunbikmeter Luft begrenzen soll. Dieser Wert gilt bislang bundesweit nur für Müllverbrennungsanlagen.

Die rot-grüne Landesregierung darf sich auf Streit mit dem SPD-regierten Nordrhein-Westfalen gefaßt machen. Die Genossen an Rhein und Ruhr haben es bisher abgelehnt, ihren gebeutelten Stahlkochern auch noch einen Dioxin-Grenzwert zu verpassen. In der Tat dürfte die Nachrüstung der Stahlhütten schier unerschwingliche Summen kosten. Aber auch Niedersachen will seine Industrie nicht überfordern. Der neue Grenzwert soll zunächst nur für neu beantragte Anlagen gelten; was die alten Dioxinschleudern betrifft, so sind Gewerbeaufsichtsämter angewiesen, mit den Betreibern zusammen Sanierungskonzepte zu entwicklen.

Betroffen seien „Betriebe der Metallerzeugung und -verarbeitung, Kraftwerke, Zementwerke, Betriebe der Holz- und der Chemieindustrie“, heißt es in Hannover. Die Regierung selbst steht erst am Anfang ihres Dioxin-Untersuchungsprogramms. Im Januar soll der Boden in der Umgebung dreier Stahlwerke vermessen werden: der Preussag-Sinteranlage in Salzgitter-Heerte und der vor zwei Jahren stillgelegten Werke in Ilsede und Georgsmarienhütte. Im Abgas des Preussag-Werkes sind durchschnittlich 2,1 Nanogramm Dioxin gemessen worden – ein günstiger Wert, verglichen mit den 43 Nanogramm, die in nordrhein-westfälischen Stahlhütten nachgewiesen wurden. Toxikologen halten allerdings jeden Dioxin-Grenzwert für zu hoch: Ein einziges Molekül reicht aus, in menschlichen wie tierischen Zellen Krebs auszulösen. nh