■ Schnittplatz
: Mutters kleine Helfer

„Diese Drombuschs“, ZDF; „Lindenstraße“, ARD

„Diese Zeiten sind wohl so“, erklärte Dr. Wendt mit tonloser Stimme, nachdem er den in der verwahrlosten Küche versammelten Drombusch-Kindern eine zehnminütige Gardinenpredigt gehalten hatte. Mutter Vera lag derweil im süßen Delirium. Tablettenmißbrauch, lautete die niederschmetternde Diagnose des alten Hausarztes. „Lindenstraßen“-geschult hatten wir das Unglück ja schon in der letzten Folge kommen sehen. Da hatte Vera unvermittelt ihren Job gekündigt, war fortan neunzig Minuten einsam dem eigenen Glück hinterhergelaufen – und immer war da dieses Pillendöschen. Nur die eigenen Kinder waren mal wieder nur mit ihren eigenen Problemen beschäftigt gewesen.

Ja, die Zeiten sind wohl wirklich so. So, daß neuerdings offenbar keine aufrechte Fernseh-Darstellerin mehr würdig altern kann. Es mag ja sein, daß das Thema „Tablettenmißbrauch“ zum postfeministischen Dauerproblem avanciert, aber muß nach Berta Griese, die erst neulich von der „Lindenstraße“ in die Entzugsklinik verlegt wurde, jetzt auch unsere tapfere Vera dem Schicksal „Pille“ anheimfallen? In den letzten zehn Sendejahren hatte sie sich doch ganz anders entwickelt: Tapfer hatte sie nach dem überraschenden Tod ihres Mannes Siggi die Mühle gerettet, hatte die Kinder großgezogen und auch noch den dicken Onkel Ludwig ertragen, der so penetrant um sie herumscharwenzelte.

Während Berta zugegebenermaßen schon immer eine etwas wirre Lebensplanung hatte, spielte sich Vera Drombusch als wackere Trümmerfrau der Achtziger in unsere Herzen. Nun ist es für beide also endgültig vorbei mit dem selbständigen Leben. Kaum die Fünfzig erreicht, müssen Frauen, die ihren eigenen Kopf nicht zugunsten eines Eherings aufgegeben haben, an der selbstverschuldeten Einsamkeit zerbrechen. Am nächsten Montag wird Vera in einer psychotherapeutischen Klinik isoliert. Nur Onkel Ludwig wird ihr da wieder heraushelfen können. Aber war es dehalb gleich ein Fehler, den Fettklops nicht geheiratet zu haben? Man hätte Vera einen würdigeren Serientod gewünscht.klab