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Clinton will Opfer von Atomversuchen entschädigen

■ US-Präsident setzt Kommission zur Untersuchung der Menschenversuche ein

Washington (AP/taz) – Nach tagelangen Protesten und 10.000 Anrufen täglich hat die amerikanische Regierung jetzt Entschädigung für die Opfer von Strahlenexperimenten in den vierziger und fünfziger Jahren zugesagt. Wie Mark Gearan, Präsident Clintons Sprecher, am Montag versicherte, soll der volle Umfang dieser unlauteren Tests rücksichtslos aufgedeckt werden. Clinton hat dazu eine Untersuchungskommission eingesetzt, die aus den unterschiedlichen Ministerien, die mit den Versuchen zu tun gehabt haben, zusammengesetzt werden soll. Bislang wurde unter anderem bekannt, daß in den Jahren des Kalten Krieges Versuchspersonen radioaktives Plutonium gespritzt wurde und daß behinderte Jugendliche mit verstrahlter Milch gefüttert wurden.

Seit Energieministerin Hazel O'Leary ein besonderes Telefon für die mutmaßlichen Opfer der Strahlenexperimente einrichtete, sind täglich rund 10.000 Anrufe eingegangen, wie eine Ministeriumssprecherin mitteilte. Frau O'Leary zufolge könnten bis zu 800 Menschen von den Tests mit radioaktivem Material betroffen gewesen sein; manche ihrer Beamten setzten diese Zahl jedoch noch höher an.

Regierungsvertreter kamen am Montag im Weißen Haus mit Mitarbeitern aus verschiedenen Ministerien und Behörden zusammen, um die Sichtung von Zehntausenden von Akten zu organisieren. Viele der Unterlagen über die fragwürdigen Experimente lagern in privaten Archiven, in Forschungslaboratorien und bei Firmen, die im Auftrag der Regierung arbeiteten. Tara O'Toole vom Energieministerium erklärte, es werde wohl Monate dauern, bevor genauere Erkenntnisse vorlägen. Doch schon vorher will die US-Regierung nach Angaben Gearans damit beginnen, gemeinsam mit dem Kongreß ein Entschädigungsprogramm für die Opfer auszuarbeiten.

Gearan warf den Regierungen der Präsidenten Ronald Reagan und George Bush vor, die Menschenversuche verschleiert zu haben, obwohl bereits 1986 in einem Bericht des Kongresses auf solche Experimente hingedeutet worden sei. Damals hatte ein Untersuchungsausschuß des Kongresses zum ersten Mal geheime Atomversuche aufgedeckt. Die damalige Reagan-Administration habe allerdings alles getan, um Konsequenzen aus diesem Bericht, also milliardenschwere Entschädigungsklagen, zu vermeiden. Tagesthema Seite 3 und Kommentar Seite 10

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