Keine Uni-Entschädigung für Havemann-Witwe

■ Die Humboldt-Universität entschuldigte sich für die Entlassung des ehemaligen DDR-Regimekritikers / Entlassungsverfahren sei formell aber Rechtens gewesen

Berlin (taz) – Die Ostberliner Humboldt-Universität muß keine finanzielle Entschädigung dafür zahlen, daß sie 1964 den prominentesten Regimekritiker der DDR vom Lehrstuhl gejagt und fristlos entlassen hat. Eine entsprechende Klage der Havemann-Witwe Katja auf Nachzahlung des Professorengehalts von 315.000 Mark, die der Familie durch den Rausschmiß verlorengegangen sind, wies das Berliner Landesarbeitsgericht gestern ab.

Unterstützt vom Neuen Forum, hatte Katja Havemann den Rechtsstreit als Präzedenzfall angestrengt, stellvertretend für zig andere, weniger prominente Opfer von politisch begründeter beruflicher Ausgrenzung in der früheren DDR. Zwar hatte die Humboldt- Universität Havemann gleich nach der Wende 1990 formell rehabilitiert, aber alle Entschädigungsansprüche abgewiesen. Daraufhin reichte Katja Havemann die Klage ein. Der Rechtsanwalt der Uni argumentierte, die damalige Entlassung des Regimekritikers habe keinen explizit politischen Hintergrund gehabt. Havemann habe vielmehr, indem er mit westlichen Journalisten sprach, eine disziplinarische Verfehlung begangen. Seine Entlassung allerdings sei in einem formell korrekten Disziplinarverfahren beschlossen worden.

Das Arbeitsgericht hatte in erster Instanz die Entschädigungsklage abgewiesen. Nach bundesdeutschem Recht sei der Anspruch verjährt. Das Landesarbeitsgericht lehnte die Entschädigung gestern mit einem anderen Argument ab. Auch wenn Havemanns Entlassung „unstrittig ein politischer Willkürakt“ war, so habe er dadurch keinen materiellen Schaden erlitten, denn er sei nach seiner Kündigung von der Akademie der Wissenschaften der DDR weiterbeschäftigt worden. Dort hatte Havemann jedoch auch schon zuvor nebenamtlich gearbeitet. Und nach einem Jahr wurde er auch dort fristlos gekündigt.

Die Entschädigungsklage hätte sich dennoch gegen die Rechtsnachfolger der Akademie richten müssen, urteilten die Richter gestern. Man habe sich mit der Humboldt-Uni „die falsche Beklagte“ gewählt. Der Fall Havemann sei damit kein Präzedenz-, sondern ein „Wald-und-Wiesen-Fall“ ohne grundsätzliche Bedeutung. Deshalb wolle sich das Gericht auch nicht zu der grundsätzlichen Rechtsfrage der Entschädigung ausgegrenzter Regimegegner äußern. Auch eine Revision gegen diese Entscheidung beim Bundesarbeitsgericht ließen die Richter deshalb nicht zu. Katja Havemann könnte nun gegen die Akademie der Wissenschaften klagen, doch für diesen Rechtsstreit fehlt das, was sie gestern auch erstreiten wollte: das Geld.