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Fraglos mit Laptop und Kamera

■ Interkulturelle (Nicht-)Kommunikation: Egon Bahr als Special Guest auf einem Symposion der Hochschule der Künste

Am Freitag wohnten wir wieder einem Nachmittag des sprachlos gehaltenen Publikums bei. Und das an der kreativen Hochschule der Künste, wo darüber nachzudenken war, wie Konflikt-Kommunikation über Kulturen hinweg in Gang gesetzt werden kann. Eine halbe Stunde nach Veranstaltungsbeginn ist viel geredet worden, aber das hochkarätige Podium noch nicht einmal zu Wort gekommen. Immerhin ist der Wandler durch Annäherung da, „Mister erstens, zweitens, drittens“ Egon Bahr – unter anderen auch jener Mann, der JFK anno 63 den legendären Satz „Isch bin ein Börliner“ einhämmerte. Dem später Erscheinenden fällt das nicht weiter auf – er sieht das „Podium“ schlicht nicht, weil Hörsaal 158 flach ist wie der märkische Sandboden. Dafür gibt es Studenten der Kommunikationswissenschaft, wie man sie sich vorstellt: Sie wohnen der Debatte fraglos, aber bewaffnet mit Laptop und Videokamera bei.

Der Klub ebenso renommierter wie geschichtsträchtiger älterer Herren setzt dennoch auf Dialog im interkulturellen Konfliktmanagement. Am erfolgreichsten sei der geheime, der unter Ausschluß von Medien und Öffentlichkeit. Bahr sagt, „das Recht auf Information muß ausgeschlossen werden können. Wenn die Welt überleben soll, muß das möglich sein.“ Beispiel: der Geheimdialog zwischen Israel und der PLO in Norwegen oder die südafrikanischen Gespräche zwischen de Klerk und Mandela. Was bei solcherlei „Dialog“ im Verhältnis zwischen Regierenden und Regierten herauskommen kann, zeigte Oberst Horst Prayon.

Der oberste Kommunizierer der Bundeswehr (Chef der Kommunikations-Akademie) propagierte das Gepräch mit den Bürgern. Und das sieht so aus, daß der Einsatz in Somalia – für den es keine Mehrheit in der Bevölkerung gegeben hatte – im Vertrauen darauf gestartet wurde, daß sich das schon ändern würde. „Das wußten wir“, sagte Prayon und offenbarte sein feudales Verständnis von Öffentlichkeit. Der Bürger wird nur als Resonanzboden gebraucht, um nachträglich die Legitimation für bereits gefällte Entscheidungen zu beschaffen. Echte interkulturelle Kommunikation kann gleichwohl funktionieren – ohne die Medien. Den Dialog zwischen den Angehörigen verfeindeter Volksgruppen in Rumänien macht ein Begegnungsprojekt möglich, das Norbert Ropers vom Berghof Forschungszentrum vorstellte. Es ist ähnlich gelagert wie die „world of difference“, die eine amerikanisch-jüdische Organisation seit dem pogromartigen Überfall auf ein Ausländerwohnheim in Rostock lehrt. Dabei wird versucht, MultiplikatorInnen in einem fünftägigen Trainingsprogramm ihre eigenen Vorurteile bewußt zu machen. Der Initiator des Projekts der „Anti-Defamation League“, Robert B. Goldmann, schöpfte aus eigenen Erfahrungen: Er emigrierte aus Nazi-Deutschland.

Die Frage, welche Rolle Massenmedien in interkulturellen Krisen spielen, förderte Widersprüchliches zutage: Heizen sie die Konflikte etwa durch Wohlstandsversprechen erst an, oder besorgen sie mit der internationalen Aufmerksamkeit auch den Lösungsdruck? Da zeigten sich die Herren aus dem Land der unbegrenzten Medienmöglichkeiten skeptisch. Selbst die New York Times sei unter kommerziellem Druck zum Unterhaltungsblatt heruntergekommen. Seriöser Journalismus finde in Nischen statt. Und die Moral: Positive interkulturelle Kommunikation, echte Verständigung finden abseits der Medien statt. Ruth Singer/Christian Füller

Die Veranstaltungsreihe wird in den nächsten fünf Wochen fortgesetzt, freitags 14.–16.30, HS 158, HdK, Hardenbergstraße 33, Charlottenburg.

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