: Serbisch-kroatische Normalisierung
In Zagreb und Belgrad sollen im Februar „Verbindungsbüros“ eröffnet werden / Krajina-Konflikt verhindert noch diplomatische Anerkennung Kroatiens durch Restjugoslawien ■ Aus Genf Andreas Zumach
In einer gemeinsamen Erklärung vereinbarten die Außenminister Restjugoslawiens und Kroatiens, Jovanović und Granić, gestern am Rande der Genfer Bosnienverhandlungen die Eröffnung von Verbindungsbüros in den Hauptstädten Zagreb und Belgrad am 15. Februar. Dies sei ein erster Schritt zur „vollen Normalisierung der gegenseitigen Beziehungen“. Von den meisten Beobachtern wurde diese Erklärung, die in ähnlicher Form bereits im Oktober 1992 von den Präsidenten Cosić und Tudjman unterzeichnet worden war, als Versuch gewertet, den Druck auf die mehrheitlich muslimische Regierung Bosniens weiter zu verstärken.
Die kroatisch-serbische Erklärung kam nach intensiven Kontakten zwischen den ebenfalls in Genf weilenden Präsidenten Milošević und Tudjman zustande. Die UNO ließ zu, daß sie in dem bislang von der fast 16 Monate währenden Genfer Jugoslawienkonferenz nicht genutzten historischen Ratssaal des Genfer „Palais des Nations“ stattfinden durften. Die volle Anerkennung Kroatiens in seinen derzeitigen Grenzen durch Belgrad scheiterte an dem nach wie vor ungeklärten Konflikt über die Krajina. In der dort von den Serben einseitig ausgerufenen „Republik“ finden am Sonntag in einigen Bezirken Nachwahlen statt, weil beim Urnengang im Dezember nicht der von Milošević favorisierte „Präsidentschafts“kandidat gewonnen hatte. Der restjugoslawische Außenminister Jovanović sagte, daß nach diesen „Wahlen“ Verhandlungen mit Kroatien über einen Waffenstillstand in der Krajina stattfinden sollen.
Unterdessen hat die Regierung in Sarajevo ihre Unterstützung für einen Vorschlag des kroatischen Präsidenten Tudjman erklärt, sämtliche noch strittigen Territorialfragen in Bosnien einem vom UNO-Sicherheitsrat zu bildenden internationalen Schiedsgericht zur Entscheidung zu übergeben. Ob die bosnischen Serben diesem Vorschlag zustimmen, erschien zunächst fraglich.
Der Vorschlag Tudjmanns für ein Schiedsgericht erfolgte, nachdem für die seit Monaten strittigen Territorialfragen (Zugang der bosnisch-muslimischen Teilrepublik zur Adria und zum Save-Fluß im Norden; Mostar; serbisch besetzte und von den Muslimen zurückverlangte Gebiet in Ost- und Nordwestbosnien) auch bei dieser Verhandlungsrunde keine Lösung in Aussicht war. Nach dem etwa im Fall des israelisch-ägyptischen Konflikts über Taba angewandten international üblichen Schiedsgerichtsverfahren können alle Konfliktseiten je einen Richter benennen und müssen sich auf einen (bei drei Konfliktpartien: zwei) unabhängige Richter einigen. Kann sich das Schiedsgericht nicht einigen, treffen die unabhängigen Richter die Entscheidung, zu deren Anerkennung sich alle Konfliktparteien verpflichten.
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