Der Schlagstock als Lacherfolg

■ „Grüne Welle“: Zwei Polizisten machen Kabarett

Da sitzt er nun, der ehemalige BGS-Mann und Polizist Uwe Mettlach, ist selber schuld an der dicken Beule auf der Stirn und sich der unfreiwilligen Komik durchaus bewußt. Mettlach ist von einem jener handlich-quadratischen Pflastersteine getroffen, die weiland bei DemonstrantInnen „Argumente“ hießen. Nur, er war an diesem Dienstag abend im Januar nicht bei einer Demonstration eingesetzt oder gar das Opfer autonomer Angreifer. Mettlach jongliert mit Pflastersteinen. Er hat sich selbst getroffen. Aus dieser seltsamen Tätigkeit, mit der er die langweiligen „und irgendwie unangenehmen“ Personenkontrollen in Wackersdorf „auflockern und entspannen“ wollte, ist nach und nach das Kabarett „Grüne Welle“ geworden. Mit dem Programm „Freud und Elfer“ geht er seit einem Jahr, zusammen mit seinem Kollegen Jürgen Girtler, Ex-Streifenpolizist und mittlerweile ebenfalls im Dienst an der Polizeischule Wiesbaden, auf Tournee.

Polizisten als Kabarettisten? Jürgen Girtler, ein Schrank von einem Mann, hat die Rolle des trotteligen PolizeiOberMeisters Fritz, „POMfritz“, ganz freiwillig übernommen. Eigentlich kommt er als Karnevalist aus der Bütt eines Mainzer Fußballvereins. Das merkt man ihm immer noch an, wenn er sich durch das, im Anfängereifer noch enorm lange, Programm kalauert. Die Wortwitze, die – eben! – alles allzu wörtlich nehmen, bedürften eigentlich einer Reduzierung durch Auswahl. Ansonsten darf er so tumb, ausländer- und frauenfeindlich, so rechts und nach Herzenslust Stammtischbruder und Volkes Stimme sein und in breitem Hessisch vor sich hinbabbele, daß es eine Art hat. Da wird die GSG 9 zur „Anti-Error-Einheit“ und der Zwischenbericht des Innenministeriums zum Tod von Wolfgang Grams in Bad Kleinen eine „Verwechslung zwischen Exekutive und Exekution“. Letztes polizeiliches Fazit der „Grünen Welle“: „Der hat sich also gezielt dem Zugriff durch Selbstmord verweigert.“ POMfritz lernt so eifrig wie hoffnungslos beschränkt für die Beamtenlaufbahn und sinniert über Amtsdeutsch und Schlagstock: „Hilfsmittel der körperlichen Gewalt klingt viel harmloser, tut aber genauso weh.“

Wirklich komisch sind Mettlach und Girtler, wenn sich Kollege M., ganz das aufgeklärte Deeskalationsprodukt polizeipsychologischer Schulung, beim Publikum einschleimt: „Wir haben da ein Problem, das wollen wir gern mal mit euch diskutieren.“ – „Mann, hör auf!“ raunzt Girtler durchs Megaphon. Schluß mit dem Gesäusel „Du bist o.k., ich bin o.k.“, und von wegen „mit den Hausbesetzern Monopoly spielen“: „Die kriegen die Hafenstraße, und der ganze Zoff ist wieder da.“

Unmwerfend die Szene, in der Anarcho M. und sein alter Schulfreund POMfritz am Ende gemeinsam virtous mit jenen o.g. Pflastersteinen jonglieren und M. sich hinterhältigst verabschiedet: „Vielleicht treff' ich dich ja.“ Und Herz haben sie auch, zum Beispiel für die Kinder nach dem Chemie-Unfall der Hoechst-AG in Frankfurt- Schwanheim: „Die sind ja noch so unbelastet.“ Da sind die Skinheads schon gemeiner: „Die lassen sich entweder die Haare wachsen oder sagen, sie seien in der Chemo-Therapie.“ Und wer hat in die Hilfslieferung für die hungernden Bosnier ausgerechnet „50 Dosen Serbische Bohnensuppe“ gepackt?

Die Mischung aus Jonglage, Zauberei und Kabarett geht vorerst nicht gerade auf Welttournee, aber am 4. Februar nach Ingelheim (Kunstkeller) und gastiert am 19. April wieder im Pariser Hoftheater in Wiesbaden. Heide Platen