■ Das Auswärtige Amt formuliert eine neue Asienpolitik: Aufholmanöver in Asien
„Wir müssen sehr viel mehr über Asien/Pazifik wissen und uns dort mehr umtun.“ Was in der Wortwahl schon im vergangenen Herbst, als Kinkel das „Asien- Konzept der Bundesregierung“ formulierte, wie ein Schüleraufsatz daherkam, versprach auf Anhieb wenig politische Substanz. Weil es so allgemein dann keiner lesen wollte, nahm die am Mittwoch zu Ende gegangene Konferenz der deutschen Botschafter im asiatisch-pazifischen Raum einen zweiten Anlauf und verfaßte nun die „Leitlinien zur deutschen Asienpolitik“ in Anlehnung an das zuvor vom Kabinett verabschiedete Asien-Konzept. Doch auch die Botschafter taten sich bereits beim ersten Satz schwer: „Das Gewicht der wichtigsten Staaten Asiens in der Welt ist groß.“ Wer hätte das gedacht?
Eine konsequente deutsche Asienpolitik erfordert vor allem Veränderung: Anpassung an neue technologische Standards oder Innovation im Sozialbereich, um dem manchmal zu Recht, manchmal zu Unrecht angeprangerten „Sozialdumping“ in Asien zu begegnen. Auch darüber hinaus haben die Botschafter viele gute Ideen entwickelt: Sie legen Wert auf die „langfristige Stärkung der persönlichen Beziehungen“, was sich hinsichtlich der fast vollkommenen Ahnungslosigkeit deutscher Politiker in Asien durchaus empfiehlt. Sie fordern, daß „deutsche Studenten mit den asiatisch-pazifischen Ländern möglichst praxisnah vertraut gemacht werden“, was zumindest in Japan bisher grundsätzlich mißachtet wird, wo der Deutsche Akademische Austauschdienst ausschließlich Stipendien für die meist sehr praxisfernen Japanologen erteilt. Auch läßt sich nur hoffen, daß die Botschafter ihr Versprechen einlösen, Menschenrechtsverletzungen in Asien „direkt und nachdrücklich“ anzusprechen.
Der Gesamteindruck vom immer noch lückenhaften Bekenntnis der Bundesregierung zu ihrer Asienpolitik ist damit jedoch nicht widerlegt: Schließlich hat die deutsche Wirtschaft die Entwicklungen in Asien zehn Jahre lang verschlafen, und die Politik noch einige Jahre länger. Wer also in Kinkel-Manier ein kurzfristiges Aufholmanöver startet, wird in Asien erneut scheitern. Georg Blume
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