Klage gegen bombende Bundeswehr

■ Anwohner des Bombenabwurfplatzes Wittstock wehren sich

Wittstock (taz) – Gegen jede weitere militärische Nutzung des früheren Schieß- und Bombenabwurfplatzes Wittstock in Brandenburg durch die Bundeswehr wurde gestern vor dem Verwaltungsgericht Potsdam Klage erhoben. Kläger sind der Landkreis Ostprignitz- Ruppin, vier betroffene Gemeinden, die evangelische Kirchengemeinde Dorf-Zechlin sowie drei Grundstückseigentümer.

Seit dem 17. Januar dieses Jahres werden die Anwohner des ehemaligen Bombodroms regelmäßig von Tieffliegern der Bundeswehr belästigt. Rechtsanwalt Reiner Geulen, der die Einzelkläger vertritt, begründete die Klage gestern in Berlin damit, „daß die Nutzung des früheren Bombenabwurfplatzes schwerwiegende Rechtsverletzungen der Kläger“ darstelle. Ein Beispiel dafür sei die Eigentumsrechtsverletzung. Die Kläger fordern ihre von der sowjetischen Armee zwangsenteigneten Grundstücke zurück. Geulen führte aus, daß die Einrichtung des Schießplatzes durch die sowjetische Armee und die damit zusammenhängenden Enteignungen erst in den sechziger Jahren begonnen hätten. Daher könne die Bundeswehr bei diesem Gelände keinen Bestandsschutz herleiten. Hier gelte das vom Bundesverfassungsgericht festgelegte Recht, daß Rückübertragung von nach 1949 enteignetem Eigentum Vorrang vor einer Entschädigung habe.

Zudem seien bei militärischen Anlagen – „zumal solchen Ausmaßes – umfangreiche Verfahren, insbesondere aus dem Bereich Raumordnungsrecht oder Umweltverträglichkeitsprüfung“ nötig, so Gehlen. „Und die sind unstreitig nicht durchgeführt worden.“ Der Rechtsanwalt sieht gute Chancen, die Klage vor dem Potsdamer Verwaltungsgericht zu gewinnen. „Wir fühlen uns durch die gängige Rechtsprechung bestätigt.“ Und: „Es gibt in Deutschland kein Beispiel, wo die Betroffenen so massiv hinter der Klage stehen wie in Wittstock.“

Gehlen kündigte an, daß „bei einer weiteren Intensivierung der Tiefflüge“, insbesondere bei dem Beginn von Bombenabwürfen, Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordung beim Bundesverfassungsgericht gestellt werde. Anja Sprogies