López' Warriors dürfen in Wolfsburg bleiben

■ Opel blitzt mit Klage gegen Volkswagen wegen planmäßiger Abwerbung ab

Frankfurt/Main (taz/AP) – Der Paragraph ist eine Schreibmaschinenseite lang. Eigentlich dürfte es die Richter am Frankfurter Landgericht nicht viel Zeit gekostet haben, die Nummer 17 im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb in dem äußerst delikaten Rechtsstreit auszulegen, über den sie gestern zu entscheiden hatten: José Ignacio López de Arriortua, Volkswagens überlebensgroßer und zuletzt etwas kleinlaut gewordener Top-Sanierer, ist kein „Verräter" – zumindest nicht nach geltenden Wettbewerbsvorschriften.

Die Sechste Zivilkammer ließ den Autohersteller Opel, bei dessen US-Mutterkonzern General Motors (GM) der Baske einst diente, mit seiner Klage gegen den Erzkonkurrenten VW abblitzen. Die lapidare Begründung des Gerichts: Beim Wechsel von López und weiteren sechs GM-Mitarbeitern im März vergangenen Jahres nach Wolfsburg habe sich Volkswagen „unter keinen denkbaren Punkten wettbewerbswidrig verhalten“. Opel hatte VW vorgeworfen, die Führungskräfte gezielt abgeworben zu haben, und ein Arbeitsverbot verlangt. Die verschworene Truppe soll, so der Opel-Vorwurf, zudem geheime Unterlagen geklaut haben.

Ob das halbe Dutzend „Warriors“, wie López seine Handlanger bezeichnet, tatsächlich gleich kistenweise GM-Unterlagen über neue Modelltypen und Zulieferpreise mitgehen, später die geheimen GM-Daten in VW-Copmuter einspeisen und schließlich die verräterischen Aktenberge zu Konfetti raspeln ließen, war freilich nicht Gegenstand des zivilrechtlichen Abwerbestreits. Die schwerer wiegenden Vorwürfe der Industriespionage werden wohl andere Instanzen zu klären haben. Derzeit ermitteln die Staatsanwaltschaften in Darmstadt und Hamburg sowie das US-Justizministerium und das FBI gegen López und Konsorten. Bei Opel hofft man nun, daß es bald zu einer Anklage gegen den „Würger“ kommen wird.

Zwar gestand das Gericht dem Kläger ein, VW habe durch den umfangreichen Wissenstransfer einen „beträchtlichen Vorteil“ erhalten, doch damit müsse bei einem Wechsel zur Konkurrenz immer gerechnet werden. Und was ist schon geheim? Etwa das, was über neue Modelle unter dem Siegel der Verschwiegenheit überall in Detroit und Rüsselsheim herumerzählt wird? Warum hat GM-Boß John F. „Jack“ Smith, wenn ihm sein Zögling López so viel wert war, diesen ohne Vertrag und Wettbewerbsklausel arbeiten lassen? Für VW jedenfalls ist an der ganzen Geschichte nichts dran. Basta! Erwin Single