UN-Sanktionen gegen Kroatien unwahrscheinlich

■ Spaniens Außenminister fordert Entscheidung „innerhalb der nächsten Tage“ / Kinkel sieht weiterhin keine Beweise für Präsenz kroatischer Truppen in Bosnien

Wien (taz) – Spaniens Außenminister Javier Solana will die internationale Gemeinschaft dazu drängen, „innerhalb der nächsten Tage“ eine Entscheidung über Sanktionen gegen Kroatien zu treffen. In Zagreb betonte Solana, seine Regierung nehme Informationen über die Präsenz kroatischer Truppen in Bosnien „sehr ernst“. Bisher hatte Dänemark in dieser Frage als Vorreiter agiert, da es nicht angehe, daß Belgrad für seine Bosnien-Politik mit Sanktionen belegt werde, Zagreb aber davonkomme. Für den Bonner Außenminister Klaus Kinkel dagegen gibt es weiterhin „keine Beweise dafür, daß kroatische Truppen im Bosnienkrieg involviert sind“. Offenbar ist der ehemalige BND- Chef genauer informiert als CIA und UNO zusammen: UNO-Generalsekretär Butros Ghali sprach gestern von 3.000 bis 5.000 kroatischen Kämpfern in Bosnien, der US-Geheimdienst berichtete Anfang der Woche von bis zu 12.000 Mann. Die wenigen regimekritischen Zeitungen Kroatiens meldeten sechs kroatische Militärkonvois mit einigen tausend Mann, die zwischen dem 15. und 17. Januar die bosnische Grenze überquert hätten. Und bosnische Quellen sprechen gar von bis zu 20.000 kroatischen Soldaten bei Prozor. Außenminister Irfan Ljubljankic appellierte an den Weltsicherheitsrat, Kroatien ultimativ bis zum 11. Februar zum Rückzug seiner Truppen aufzufordern.

Derartige Informationen aber will Europa nicht zur Kenntnis nehmen, würde doch dadurch die prokroatische Ausrichtung der EU-Diplomatie in Frage gestellt. Zudem würde die kroatische Regierung im Falle von EU-Sanktionen die rund 300.000 bosnischen Flüchtlinge im Lande ausweisen, und Westeuropa denkt nicht daran, weiteren Bosniern Bleiberecht zu gewähren. Karl Gersuny

Sarajevo (AFP) – Der Streit um die Öffnung des Flughafens im zentralbosnischen Tuzla scheint beigelgt: Rund 50 russische Beobachter sollen sicherstellen, daß die geplante Luftbrücke zur Versorgung der bedrohten Bevölkerung nicht für militärische Zwecke genutzt wird. Auch die zweitägige Blockade einer Versorgungsroute der UNO nach Sarajevo wurde aufgehoben, nachdem der neue Kommandeur der UNO-Schutztruppe in Bosnien, Michael Rose, den Kampfeinsatz eines Schützenpanzer-Zuges für den Fall angeordnet hatte, daß die Blockade nicht beendet werde.