Schalck wird Al Capone

■ Koko-Boß wird vor Gericht gestellt

Dresden (taz) – Alexander Schalck-Golodkowski soll noch dieses Jahr vor Gericht gestellt werden. Den Koko-Boß, Devisenbeschaffer, Waffenhändler, Stasioberst und Tegernseeanwohner wird eine Anklage wegen „Betrug, Untreue und Steuerhinterziehung“ ereilen. Das teilte der Leiter der Zentralen Ermittlungsbehörde für Regierungs- und Vereinigungskriminalität, Manfred Kittlaus, in Dresden mit. Kommentar des Ermittlers: „Auch der berüchtigte Al Capone landete nicht wegen mehrfachen Mordes, sondern wegen Steuerhinterziehung im Gefängnis.“

Kittlaus warnte auf der öffentlichen Veranstaltung davor, die Stasi-Akten zu schließen: „Wenn wir jetzt etwas unter den Teppich kehren, wird es wieder herauskommen wie bei einer nicht ordentlich sanierten Mülldeponie.“ So gebe es Hinweise auf fortwährende Stasi-Strukturen, in denen ehemalige Mitarbeiter unter der vom MfS legendierten Identität in „Mafia- Art als seriöse Unternehmen“ agieren. Der Ermittler beklagte, daß „politische Versprechungen“ zur politischen und strafrechtlichen Aufarbeitung von DDR- Straftaten nicht eingehalten werden.

80 zuvor nicht bekannte Todesfälle an der innerdeutschen Mauer seien bei der Sichtung von Dokumenten der DDR-Grenztruppen recherchiert worden. Es ist zu befürchten, daß diese Zahl steigt, denn bisher konnten nur 12 Jahrgänge des in Potsdam übernommenen Zentralarchivs der Grenztruppen studiert werden. dek