Darf's denn auch ein bißchen mehr sein?

■ Durch die EG-Richtlinie kommen neue Lebensmittel-Zusatzstoffe auf uns zu, aber es gibt auch die Möglichkeit, nein zu sagen / ÖKO-TEST hat die 300 wichtigsten bewertet

Wenn es um ihr Bier geht, kennen die Deutschen kein Pardon. Nur weil sie sich dagegen wehrten, Süßstoffe im Gerstensaft zuzulassen, ging es mit der gemeinsamen EG-Richtlinie über Zusatzstoffe lange Zeit nicht voran. Nun wurde beschlossen: Die EG-Mitglieder haben die Möglichkeit, Zusatzstoffe in sogenannten traditionellen Lebensmitteln zu verbieten, auch wenn diese Stoffe generell zugelassen sind.

Wieviele Zusatzstoffe uns zukünftig beschert werden, ist allerdings noch nicht ganz klar. „Es werden aber sicher mehr Stoffe sein, als wir bisher in Deutschland hatten“, sagt Bettina Muermann vom Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde.

Neu ist zum Beispiel der Farbstoff Braun FK (E 154). Tierversuche ergaben Hinweise auf eine Schädigung von Leber und Herz. Voraussichtlich wieder zugelassen wird der Konservierungsstoff Propionsäure (E 280), der bei uns seit 1988 verboten ist, da er bei Ratten krebsähnliche Veränderungen des Vormagens verursachte.

Damit Verbraucher nicht den Überblick verlieren, hat der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer für ÖKO-TEST eine aktualisierte E-Nummern-Liste zusammengestellt und die Stoffe unter gesundheitlichen Gesichtspunkten bewertet.

Trotzdem will Pollmer die Zusatzstoffaktivitäten der EG nicht generell verurteilen. Das deutsche Lebensmittelrecht habe der Industrie schon vorher große Schlupflöcher geboten: „Es gibt bislang im Grunde keinen Stoff, der wirklich verboten ist. Man darf ihn nur nicht als Zusatzstoff verwenden, sondern als technischen Hilfsstoff.“

Ohnehin sieht Pollmer in Zusatzstoffen weniger eine akute Gesundheitsgefährdung der Verbraucher, sondern eher Möglichkeiten, Nahrung zu manipulieren. Aromastoffe werden beispielsweise in Produkten eingesetzt, die aus geschmacklich schlechten Rohstoffen bestehen oder deren Aroma im Zuge der Herstellung auf der Strecke bleibt. „Da wird eine Qualität vorgegaukelt, die nicht vorhanden ist.“

Die ÖKO-TEST-Zusatzstoffliste ist gegen eine Mark in Briefmarken plus einen frankierten Rückumschlag erhältlich beim ÖKO-TEST-Leserservice, Postfach 901046, 60450 Frankfurt.

Annette Sabersky