„Ausländer als Kollegen erfahren“

■ Die ersten beiden Nicht-Deutschen haben den Aufnahmetest für die Hamburger Polizeischule bestanden / Zu spät für die Bekämpfung organisierter Kriminalität? Von Kai von Appen

Nun also doch: Zum Herbst werden die ersten beiden Ausländer an der Alsterdorfer Polizeischule mit ihrer Ausbildung zu Polizeinbeamten anfangen. Das teilte jetzt Innensenator Werner Hackmann mit. Beide gehörten der Bewerbergruppe des zweiten Auswahlverfahrens an und haben die Prüfung inklusive Deutschtest bestanden.

Noch vor Wochen hatte es so ausgesehen, als ob die Hürden, die es zur Ergreifung des Polizeiberufs in Hamburg zu überwinden gilt, für Nicht-Deutsche nicht zu schaffen sind. Nachdem sich die Polizei grundsätzlich für Ausländer geöffnet hatte, waren in der ersten Bewerbungsrunde 49 Männer und Frauen dabei. 48 von ihnen fielen jedoch beim Deutschtest durch. Lediglich eine junge Frau löste die sprachlichen Aufgaben hervorragend und bestand. Dann scheiterte sie aber bei der Sportprüfung – ein Zeitlauf über einen Vielseitigkeitsparcours mit vielen Hindernissen.

Innensenator Werner Hackmann hatte bei der Präsentation der Kriminalstatistik vor drei Wochen angekündigt, für den Fall, daß auch in der zweiten Bewerbungsrunde für AusländerInnen alle durch den Deutschtest fallen würden, die Aufnahmekriterien zu lockern. Hackmann: „Man muß dann überlegen, ob mangelnde Deutschkenntnisse nicht in der Ausbildung durch besondere Schulungen ausgeglichen werden können.“

Ursprünglich tat sich Hamburg schwer, den Beruf des Polizeibeamten für Nicht-Deutsche zu öffnen. Hackmann war zwar einer der ersten Länderinnenminister, der Interesse bekundete, Ausländer bei der Polizei aufzunehmen - allerdings aus beamtenrechtlichen Gründen nur als Angestellte. Zwei Türken arbeiten auf dieser Basis bereits bei der Hamburger Polizei. Doch nun hat die Innenbehörde ihre Meinung geändert.

In Schleswig-Holstein gab's eine Ausnahmeregelung für ein „dringendes Bedürfnis“

In Schleswig-Holstein hat man es sich beamtenrechtlich leichter gemacht. Dort machte der Innenminister von einer Ausnahmebestimmung des Landesbeamtengesetz Gebrauch, wonach er auch AusländerInnen in das Beamtenverhältnis berufen kann, wenn dafür „ein dringendes Bedürfnis“ besteht. Der Startschuß für die ersten nicht-deutschen AnwärterInnen fällt im kommenden Herbst. Der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Walter Zuber, berief sich - ähnlich wie seine Kollegen in Bayern und Nordrhein-Westfalen - ebenfalls auf dieses „dringende Bedürfnis“. Hier haben im September eine Bosnierin, eine Italienerin sowie ein Italiener und zwei Türken ihre Ausbildung aufgenommen.

In der Hamburger Polizei kann man die beiden neuen Kollegen kaum erwarten. Denn es treten immer wieder Situationen auf, wo manch Beamter gern einen nicht-deutschen Kollegen in seiner Nähe hätte. "Wir brauchen Polizeibeamte mit bestimmten Sprachkenntnissen, die mit der Mentalität verschiedener Nationalitäten vertraut sind und denen von diesen Bevölkerungsgruppen Vertrauen entgegengebracht wird“, heißt es zu diesem Thema in der Zeitschrift „Bereitschaftspolizei heute“.

Und noch einen Vorteil sieht die Zeitschrift bei der multikulturellen Polizei-Arbeit: „Daneben wird sich in einem geringen Maß auch der Effekt ergeben, daß Polizeibeamte zum ersten Mal – wie andere Arbeitnehmer schon eine ganze Zeit – Ausländer als Kollegen im Berufsleben erfahren. Bisher mußten sie Ausländer immer als Kriminelle oder als unerwünschte Ausländer, die abgeschoben werden müssen, erfahren.“

Nach Auffassung mancher ist die Entscheidung jedoch viel zu spät gefallen. Klaus Lang vom Fachdezernat Organisierte Kriminalität weist zum Beispiel in der Zeitschrift „Polizei intern“ darauf hin, daß bei dem herkömmlichen Werdegang eines Polizeischülers die jetzt eingestellten Ausländer erst Anfang 2000 so gut ausgebildet sein werden, daß sie auch im Bereich der Schwerst- und organisierten Kriminalität eingesetzt werden können. Daher plädiert Lang dafür, „fertig ausgebildete Polizeibeamte“ aus Ländern wie Polen, Türkei oder Italien einzustellen. Seine leicht rassistische Begründung: In jedem Kriminalitätsbereich hätten Ausländer mittlerweile die Federführung übernommen. Lang: „Wer hat je von einer ostfriesischen oder bayrischen kriminellen Vereinigung gehört?“