Neuwahlen in der Slowakei?

■ Nach der Bildung einer innerparteilichen Fraktion hat die regierende HZDS die Parlamentsmehrheit verloren

Berlin (taz) – In der Slowakei könnte es bereits im Juni zu vorgezogenen Parlamentswahlen kommen. Nachdem am Donnerstag zehn Abgeordnete der Regierungspartei „Bewegung für eine demokratische Slowakei“ (HZDS) eine innerparteiliche Fraktion „Alternative für demokratischen Realismus“ gegründet hatten und Regierungschef Vladimir Mečiar somit nicht mehr über die Mehrheit im 150 Abgeordnete zählenden Parlament verfügt, gab die HZDS-Führung am Wochenende grünes Licht für die Vorverlegung der Parlamentswahlen um zwei Jahre. Da auch die Oppositionsparteien Neuwahlen für den besten Ausweg aus der seit Monaten andauernden Regierungskrise halten dürften, könnte so schon bei der nächsten Sitzung des Parlaments am Mittwoch seine vorzeitige Auflösung beschlossen werden.

Möglich wäre jedoch auch, daß die Opposition zusammen mit den Abtrünnigen der HZDS einen Mißtrauensantrag gegen Mečiar durchbringt und dann eine Regierung der „großen Koalition“ – Christdemokraten, Demokratische Linke, Slowakische Nationalpartei und HZDS – ohne den Premier gebildet wird.

Über die Spaltung der HZDS wird schon seit ihrer Gründung vor drei Jahren spekuliert. Denn nach dem langsamen Zerfall der während der samtenen Revolution 1989 entstandenen „Öffentlichkeit gegen Gewalt“ vereinigten sich auch in dieser „Bewegung“ noch zu viele unterschiedliche Strömungen. Während den Verhandlungen über die Teilung der ČSFR hatten sich die – als „sozialdemokratisch“ eingeschätzten – Kritiker jedoch immer wieder Mečiar untergeordnet. Der Kampf um den Zusammenhalt der Fraktion endete dann jedoch bereits wenige Monate nach den Parlamentswahlen vom Juni 1992 mit einer Niederlage für Mečiar: Der frühere slowakische Außenminister Milan Knažko verließ mit acht HZDS-Abgeordneten die Partei. Da mit Außenminister Jozef Moravčik und Vizepremier Roman Kováč nun auch zwei Regierungsmitglieder der „Alternative“ beitraten, wird deutlich, daß Mečiar selbst die von ihm sorgsam ausgesuchten Minister nicht mehr „unter Kontrolle“ hat.

Die Gefahr der Fraktionsspaltung war dem einstmals „starken Mann der Slowakei“ jedoch wohl bewußt: Um ein weiteres Abspringen innerparteilicher Kritiker zu verhindern, hatte der Premier schon im Januar einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach Abgeordnete, die ihre Fraktion verlassen, ihr Mandat zurückzugeben hätten. Da sich im Parlament keine Mehrheit für diese Vorlage abzeichnete, will Mečiar über die Mandatsrückgabe ein Referendum durchführen lassen. her