■ Kommentar: Die Tonne ist voll
Die Fronten sind festgefahren. Umweltsenator Fritz Vahrenholt und die Wilhelmsburger Anti-Müll-Bewegung verstehen sich nicht.
Hinter dem Aufschrei der WilhelmsburgerInnen steckt nicht nur die Angst vor neuen Schadstoffbelastungen. Die wäre – vorausgesetzt die Berechnungen der Umweltbehörde stimmen – vermutlich zerstreubar. Hinter dem Aufschrei steckt vor allem die Angst der AnwohnerInnen vor einem weiteren Imageverlust ihres Wohnviertels, das schon heute zwischen Industriebetrieben und der Mülldeponie Georgswerder eingekesselt ist.
Hinter dem Aufschrei steckt auch nackte Wut darüber, daß die Hamburger Regierenden sich scheinbar nur dann an den Problemstadtteil erinnern und Aktivität zeigen, wenn es darum geht, ihre eigenen, nicht aber die Probleme der Menschen zu lösen, die hier leben, leben müssen.
Verständigung tut not. Ein öffentlicher Ortstermin des Umweltsenators wie der gestrige reicht da bei weitem nicht.
Doch Vahrenholt ist unter Zeitdruck. Er will Ende 1997 aus Schönberg aussteigen und braucht zu diesem Zeitpunkt die neue Verbrennungsanlage. Um diesen Termin zu halten, soll der Senat bereits am 1. März den Wilhelmsburger Müllofen durchwinken.
Vor dem Hintergrund vollendeter Tatsachen aber läßt sich schlecht diskutieren. Beschließt der Senat jetzt, hätten die WilhelmsburgerInnen einmal mehr das Gefühl, für „die da oben“ der letzte Dreck zu sein. Der Nährboden, auf dem Politikverdrossenheit und Rechtsextremismus trefflich gedeihen.
Marco Carini
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