Heimlich privatisieren

■ Chiles Regierung verkauft Kupfer

Rio de Janeiro (taz) – Eigentlich ist der Verkauf von Kupferminen in Chile ein Tabuthema. Doch dies hindert Chiles staatliche Kupfer- Holding „Codelco“ nicht daran, gelegentlich einige Schätze preiszugeben. Die von der chilenischen Öffentlichkeit kaum bemerkte Entwicklung begann 1981, als Diktator Augusto Pinochet, immer noch oberster Befehlshaber der chilenischen Streitkräfte, ein Gesetz verabschieden ließ, das privaten Firmen, auch aus dem Ausland, die Ausbeutung der Kupferminen genehmigte. 900.000 Tonnen der insgesamt zwei Millionen Tonnen Kupfer, die Chile im vergangenen Jahr produzierte, stammen bereits aus privaten Minen.

Im Oktober vergangenen Jahres verkaufte Codelco 51 Prozent ihrer Anteile an der Mine „El Abra“ an die US-amerikanische Firma „Cyprus Copper“ und das kanadische Unternehmen „Lac Minerals“. Die Produktionskapazität der rund 1.700 Kilometer von der Hauptstadt Santiago entfernten Mine wird auf 120.000 Tonnen Edelkupfer pro Jahr geschätzt. Bei dem Geschäft im Wert von 404 Millionen Dollar handelt es sich um die erste Verwandlung einer staatseigenen Mine seit der Nationalisierung der Kupferressourcen im Juli 1971 unter Chiles sozialistischem Staatsoberhaupt Salvador Allende in eine Aktiengesellschaft.

Der Grund für den Handel mit den ausländischen Investoren: Für die erfolgreiche Ausbeutung der Bodenschätze El Abras wären Investitionen in Höhe von 450 Millionen US-Dollar nötig. Zu den steigenden Kosten im Kupferabbau kommt erschwerend der Abschwung des Kupfer-Weltmarktpreises, der laut Londoner Metallbörse zur Zeit bei 1.924,5 Dollar je Tonne liegt, hinzu.

Um die Effizienz der gigantischen Holding zu steigern, kündigte Codelcos Generaldirektor Renzo Gasparini kürzlich Pläne an, nach denen die Kupferkorporation in vier autonome Firmen aufgeteilt werden soll, die den Minen „Chuquicamata“, „Andina“, „El Salvador“ und „El Teniente“ entsprechen. Mit dem Personalabbau wurde bereits begonnen: Im vergangenen Jahr wurden 3.000 Codelco-Angestellte entlassen. Zur Zeit arbeiten noch rund 21.000 Chilenen für die Kupferholding.

Spekulationen auf eine hundertprozentige Privatisierung, wie sie in chilenischen Wirtschaftskreisen und von der rechten Opposition in regelmäßigen Abständen gefordert wird, schob Chiles neu gewählter Präsident Eduardo Frei jedoch einen Riegel vor. Einer „Modernisierung“ gegenüber zeigte sich Frei jedoch aufgeschlossen. Mit der Gründung von Beteiligungsgesellschaften will er die üppigen Bodenschätze seines Landes für private Interessenten zusätzlich attraktiv machen.

Die Frage der endgültigen Privatisierung rückt Frei, der am 11. März sein Amt antritt, in weite Ferne. Denn der Christdemokrat ist auf den roten Goldregen angewiesen. Schließlich erwirtschaftet Codelco ein Drittel der chilenischen Exporteinnahmen, steuert ein Fünftel der nationalen Steuereinnahmen bei und überweist zehn Prozent seiner Einnahmen direkt an die Streitkräfte. Astrid Prange