Arbeitgeber staunen

■ Metall-Entscheidung verblüfft viele

Berlin (taz) – Mit Erstaunen haben die Metall-Arbeitgeber im hohen Norden die Nachricht aufgenommen, daß es in ihrer Region zur Urabstimmung und gegebenenfalls zum Streik kommen wird. Mit dem Tarifgebiet Niedersachsen und dem Westteil des Bezirks Küste hatte der IG-Metall-Vorstand am Montag abend zwei relativ kleine und wenig kampferprobte Regionen ausgewählt.

Im Tarifgebiet Niedersachsen werden voraussichtlich zwischen dem 1. und 3. März rund 40.000 Metaller über einen Arbeitskampf abstimmen. Der Streik könnte dann am 7. März beginnen. Sofern es bis dahin nicht zur Einigung gekommen ist, werden als nächstes 85.000 Gewerkschaftsmitglieder an der Küste vom 16. bis 18. März den Urnengang antreten und ab dem 21. streiken.

Der IG-Metall-Tarifsekretär des Bezirks Hannover, Hartmut Meine, begründet die Niedersachsen-Entscheidung damit, daß die Gewerkschaft hier „klein anfangen“ wolle, um den Arbeitskampf stufenweise zu eskalieren. Auch der Bereich Küste müsse dabei nicht der Endpunkt sein. Außerdem spreche für Niedersachsen, daß hier „die Wiege des VW-Modells“ steht. Und die bei dem Automobilgiganten ausgehandelte Arbeitszeitverkürzung bei gleichzeitiger Beschäftigungsgarantie wolle man in den Tarifverhandlungen schließlich erstreiten.

Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Metallindustrie in Niedersachsen, Dietrich Kröncke, unterstellt dagegen der IG Metall, sich auch wegen der bevorstehenden Landtagswahlen für Niedersachsen entschieden zu haben. Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) hat gestern bereits seine Dienste als Vermittler in dem Konflikt angeboten.

Die Wahl des Tarifgebietes im Norddeutschen hält Kröncke für ungünstig. Ungefähr die Hälfte der etwa 300 Betriebe mit knapp 100.000 Beschäftigten existierten als Zulieferer der Automobilindustrie. Gerade die will jedoch die IG Metall nicht bestreiken, um keine „kalten Aussperrungen“ zu provozieren. Über „heiße Aussperrungen“ werden die Arbeitgeber in Niedersachsen bald reden, kündigt Kröncke an.

„Die Metaller wollen wohl ihre Streikkasse schonen“, kommentiert der Arbeitgeber-Repräsentant aus der Küstenregion, Lutz Bauermeister, die geringe Größe der erwählten Tarifgebiete. Weder Niedersachsen noch die Küste seien mit Pilotabschlüssen erfahren. „Ich glaube, da werden die Verbandsspitzen noch mal zusammenkommen müssen“, kommentierte Bauermeister weiter. Silvia Schütt