Nicht ja, nicht nein – wir selbst allein

■ Irlands Sinn Féin berät über Nordirland / Keine Entscheidung zu erwarten

Dublin (taz) – Die Augen britischer und irischer Politiker sind an diesem Wochenende auf den Parteitag von Sinn Féin („Wir selbst allein“) gerichtet, der heute in einer Gemeindehalle südlich von Dublin beginnt. Im Dezember hatte Großbritannien das „Recht des gesamten irischen Volkes auf Selbstbestimmung“ anerkannt, und Irland hatte eingeräumt, daß ein vereintes Irland nur mit Zustimmung der nordirischen Bevölkerungsmehrheit zustande kommen könne. Beide Regierungen hatten dann die Irisch-Republikanische Armee (IRA) aufgefordert, die Waffen niederzulegen, und ihrem politischen Flügel, Sinn Féin, für diesen Fall einen Platz am Verhandlungstisch in Aussicht gestellt. Da Sinn Féin dies bisher weder angenommen noch abgelehnt hat, stößt der Parteitag jetzt auf weltweites Interesse.

Alles deutet darauf hin, daß die hochgesteckten Erwartungen enttäuscht werden. Sean Mac Manus vom Sinn-Féin-Vorstand sagte, solange sich London weigere, verschiedene Punkte zu erläutern, könne Sinn Féin sich kein endgültiges Urteil bilden. Mit dieser Linie, die dem Zeitgewinn dienen soll, hat Sinn Féin bereits Zugeständnisse herausgeholt: So hat die irische Regierung das Zensurgesetz aus den 70er Jahren aufgehoben, Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams durfte in die USA einreisen.

Adams steckt in einem Dilemma. Die nordirischen Parteimitglieder lehnen die britisch-irische Erklärung mit überwältigender Mehrheit ab, ebenso die IRA- Gefangenen. Aber durch eine endgültige Ablehnung würde Sinn Féin in eine politische Isolation geraten, und es wäre wohl mit einer konzertierten Aktion britischer und irischer Sicherheitskräfte gegen die IRA zu rechnen.

So werden an diesem Wochenende vermutlich zwei Debatten stattfinden: eine öffentliche, an der die Medien teilnehmen können und bei der nicht viel herauskommen wird; sowie eine nichtöffentliche, bei der am Sonntag nachmittag Tacheles geredet werden wird, von der Journalisten aber ausgeschlossen sind. Ralf Sotscheck