Betr.: 21 Kinder wurden im vergangenen Jahr im Berliner Straßenverkehr getötet

Für 21 Kinder, die vergangenes Jahr im Berliner Straßenverkehr getötet wurden, veranstaltete gestern der Fußgängerschutzverein für Umweltschutz und Sicherheit im Straßenverkehr Fuss e.V. eine Mahnwache. Für jedes Kind stellte der Verein ein schwarzes Kreuz auf die grüne Mittelinsel, die die Straße An der Urania teilt. An derselben Stelle hat der Fuss e.V. im letzten Jahr einen Gedenkstein für die 18 Kinder errichtet, die 1992 dem Straßenverkehr zum Opfer fielen. Nicht weit vom Gedenkstein entfernt liegt der Amtssitz von Verkehrssenator Herwig Haase. Für Klaus Polzin, Fuss-Vereinssprecher, ist gerade die Verkehrspolitik des Senators einer der Gründe für die steigenden Opferzahlen: „Das Heraufsetzen der Höchstgeschwindigkeit auf den Ausfallstraßen in den Außenbezirken von 50 auf 70 Stundenkilometer ist tödlich für die Kinder.“ In diesen Wohngebieten, so Brigitte Domurath von Fuss, passieren nach ihrer Erfahrung die meisten Unfälle mit Kindern. Zwei Drittel der 21 Opfer kamen im Ostteil der Stadt ums Leben. Gerade hier, sagte Polzin gegenüber der taz, werde mehr gerast, und die Straßen seien unübersichtlicher als im Westteil. Die Kinder müssen vor dem „mörderischen Verkehr“ geschützt werden, meinte Polzin, und zwar durch eine Verkehrspolitik, „die nicht das Auto in den Mittelpunkt stellt, sondern den Menschen“. Darunter versteht der Verein Tempo 30 in der Innenstadt und auf allen Hauptverkehrsstraßen, Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und härtere Strafen für Raser. Gerade sie kämen oft zu billig weg, erklärte Domurath vom Fuss-Verein. „Ein Autofahrer mußte beispielsweise 4.500 Mark bezahlen, weil er ein Kind getötet hatte, das zwischen parkenden Autos hervorgelaufen ist.“ Das Unvermögen der Kinder, Geschwindigkeiten abzuschätzen, würde als Unaufmerksamkeit ausgelegt und dem Autofahrer gleichzeitig strafmildernd angerechnet. Domurath hofft, daß die Kreuze zwei Wochen stehen bleiben. Oft würden sie von wütenden Autofahrern zerstört. Olaf Bünger

Foto: David Hornback