Ein Dschungel aus Reglern

■ Das HipHop-Mobil für alle, die auf klassischen Musikunterricht pfeifen: Es tingelt von Schule zu Jugendclub - und die Kids komponieren eigene Songs / "Kultur gegen Rassismus"

Ein Drummer bearbeitet im Keller des Jugendzentrums „Triebwerk“ in Reinickendorf ein Schlagzeug. Die harten Schläge dröhnen dumpf bis in einen kleinen Raum in der ersten Etage. Hier sitzt Andreas Bik vor seinem Arbeitsgerät: Plattenspieler, Digitalrecorder, Synthesizer, Computer und ein Mischpult. Das ist die notwendige Ausrüstung, um einen Musikstil zu produzieren, der weit entfernt ist von den Rockrhythmen des Kellerschlagzeugers. „HipHop kommt ohne natürliche Instrumente wie Gitarre oder Drums aus“, sagt Bik. Dafür brauche man um so mehr kompliziertes technisches Gerät, mit dem nicht jeder arbeiten könne.

Bik kennt sich genau in dem Dschungel aus Reglern und Tasten aus, denn er ist einer der drei Mitarbeiter eines ungewöhnlichen Jugendprojekts: dem ersten HipHopMobil in der Bundesrepublik.

Mit diesem Projekt wird eine Lücke in der Jugendarbeit geschlossen, meint Bik. „Die Jugendlichen laufen den ganzen Tag mit dem Walkman rum und hören Rap. Im Musikunterricht können sie dann nur mit Orffschen Instrumenten spielen.“ Obwohl die meisten 14- bis 19jährigen sich mit der HipHop-Kultur identifizieren.

Ein kleiner Transporter bringt die technische Anlage zu Jugendeinrichtungen oder Schulen. Nach vorheriger Anmeldung kann dort jede und jeder unter Anleitung von Bik oder einem anderen Mitarbeiter kostenlos eigene Songs produzieren. Und bisher stößt das Mobil auf große Resonanz. Für März, sagt Bik, hat er keinen Termin mehr frei.

An diesem Tag ist beispielsweise Ralf gekommen. Der 15jährige ist voll verwurzelt in der HipHop-Kultur. Seit einigen Jahren sprüht er auf Bestellung Graffiti mit seinen drei Freunden. „Und wenn man Graffiti macht, dann gehört Rap einfach dazu.“ Deswegen macht er mit einem Kumpel auch selber Rap, ein Sprechgesang, der mit vorgefertigten Musik- und Rhythmusfragmenten unterlegt wird. Bisher hatten sie nur einen alten Plattenspieler für die Musik und ihre Finger, um den Rhythmus zu schnippen. Durch das HipHopMobil können sie jetzt wie Profis arbeiten.

Doch nicht nur Rap will das Mobil transportieren. „Die HipHop- Kultur ist facettenreich“, sagt Bik. Dazu gehörten auch Breakdance und Graffiti. In allen Bereichen sollen Workshops angeboten werden. Auch Veranstaltungen und Konzerte will das HipHopMobil unterstützen.

Ein Ziel des Projekts, so Bik, ist es, die zersplitterte HipHop-Szene in Berlin zusammenzuführen. „Denn diese Kultur ist gegen Rassismus und versucht, Aggressionen anders zu kompensieren.“ Kämpfe könnten zum Beispiel in Form von Wettrappen oder -tanzen ausgetragen werden. Ein gutes Stück Gewaltprävention wäre damit geleistet.

Ab 1. April hat das HipHopMobil einen festen Sitz mit Studio und Büro in der Jugendeinrichtung Insel in Treptow. Olaf Bünger

Kontaktadresse: HipHopMobil, c/o Die Insel, Alt-Treptow 6, 12435 Berlin