: Schulden weg - Sozi gespart?
■ Förderverein fordert sechs Stellen für die Schuldenberatung
Verschuldete SozialhilfeempfängerInnen sollen künftig eine professionelle Schuldenberatung bekommen, damit sie überhaupt eine Chance haben, aus dem Kreislauf von Lohnpfändung und Armut ausbrechen zu können. Das forderte gestern der Förderverein Schuldenberatung im Land Bremen, eine Art Dachverband von 16 in der Schuldenberatung tätigen Organisationen. Der Verein bezieht sich auf eine Novelle des § 17 im Bundessozialhilfegesetz (BSHG), nach dem die Sozialämter in solchen Fällen, in denen Aussicht auf Entschuldung und Stabilisierung des Verschuldeten besteht, eine Schuldenberatung finanzieren sollen.
„Diese Neuerung im Gesetz ist von erheblicher Bedeutung“, erklärte der Diplom-Soziologe Ulf Groth von Verein. Erstmals werde nämlich die Schuldenberatung in einem deutschen Gesetz verankert. Für das Land Bremen folgt nach Ansicht des Vereins daraus die Einstellung von sechs SchuldenberaterInnen, die über die Sozialbehörde finanziert werden und ausschließlich Schuldenberatung für SozialhilfeempfängerInnen leisten sollen. Die Investition in die Stellen rechne sich schnell, weil die KlientInnen nach der Entschuldung wieder ins Arbeitsleben integriert werden könnten und so Sozialhilfe eingespart werde. Groth: „Kein Arbeitgeber wird irgendjemanden einstellen, wenn er weiß, daß da Lohnpfändungen im Anzug sind.“
Das Gesetz ist eine „Soll-Bestimmung“ und gilt seit dem 1. Juli 1993. Sozialstaatsrat Dr. Hans-Christoph Hoppensack hält es „für eine der wenigen positiven Neuerungen im letzten Jahr in diesem Bereich.“ Allerdings sieht seine Vorstellung über die Finanzierung der Schuldenberatung anders aus. „Die Frage ist, ob wir das institutionell absichern über Stellen oder Einzelfälle abrechnen.“ Die Einzelfallerfassung biete den Vorteil, daß die Schuldenberatung über die „sehr dichte Infrastruktur des Amtes für Soziale Dienste zielgenauer“ wirke. Konkret: Das Sozialamt könne die potentiellen KlientInnen systematischer auswählen. Aus der Diskussion könnte sich letztlich eine Beratungspauschale entwickeln, mit der das Sozialamt die Schuldenberatung abdecke. Für dieses Jahr steht dafür ein Haushaltstitel in Höhe von 100.000 Mark zur Verfügung, für das nächste sind 500.000 avisiert, „aber ob wir das halten können, ist fraglich“.
Rund 15.000 Haushalte sind im Land Bremen überschuldet. Rund 20 SchuldenberaterInnen stehen derzeit bei den Mitgliedsorganisationen zur Verfügung, rund 33 müßten es heute schon sein, meint der Förderverein. Angesichts von Arbeitslosigkeit, wirtschaftlicher Strukturschwäche, hohen Scheidungsraten und überdurchschnittlich vielen Eidesstattlichen Versicherungen beim Bremer Amtsgericht vergrößert sich die Klientel in Zukunft wohl noch. mad
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen