Furcht vor Hinrichtung

■ Kammergericht beschließt, Mahmut Özpolat an die Türkei auszuliefern

Der politische Flüchtling Mahmut Özpolat soll nach einer Entscheidung des Kammergerichts an die Türkei ausgeliefert werden. Dies bestätigte der Vorsitzende Richter Endel gestern gegenüber der taz. Der 58jährige Özpolat sitzt seit über zwei Monaten in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Moabit in Untersuchungshaft (siehe taz vom 4. Februar). Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation „medico international“ wartet auf den schwer lungenkranken Mann in der Türkei der Tod.

Die türkischen Behörden werfen ihm vor, 1980 zu einem Mord an zwei Männern angestiftet zu haben. Nach Angaben von Özpolats Rechtsanwalt Olaf Franke geht aus den türkischen Ermittlungsunterlagen jedoch nur hervor, daß sich sein Mandant an einem Gespräch beteiligt haben soll, bei dem die Ermordung geplant wurde. Nicht einmal das Datum dieses Gesprächs sei angegeben. Franke vermutet, daß die türkischen Behörden einen Vorwand suchen, den politisch unbequemen Mann in ihre Gewalt zu bekommen. Franke will nun Beschwerde beim Verfassungsgericht einlegen. Auch Mahmut Özpolat befürchtet das Schlimmste nach einer Auslieferung an sein Heimatland. Während eines Besuchstermins in der JVA sagte er gegenüber der taz: „Sie werden mich hinrichten, weil ich als Anführer einer kriminellen Organisation gelte.“ Doch das stimme nicht. Seit 1964 sei er Mitglied der im Parlament vertretenen Türkischen Arbeiterpartei gewesen. Zehn Jahre später gründete der gelernte Weber eine Textilgewerkschaft. Beide Organisationen waren bis zum Militärputsch legal. 1981 mußte Özpolat wegen seiner politischen Tätigkeit in die Bundesrepublik fliehen. Sieben Jahre später erhielt er einen Flüchtlingspaß der Vereinten Nationen.

Der gesundheitliche Zustand von Özpolat ist sehr schlecht. Während des gestrigen Besuchs in der Haftanstalt fiel ihm das Sprechen schwer, weil ein Lungenflügel funktionsunfähig ist. Er konnte nur sehr leise mit heiserer Stimme reden. Oft hat er Atembeschwerden, sagt Özpolat. Er benötige Luft, aber erhalte nur eine Stunde Freigang wie alle anderen Untersuchungshäftlinge auch. Nur zu Beginn der Haft sei er untersucht worden, seitdem habe sich kein Arzt mehr bei ihm sehen lassen. Durch die Einzelhaft ist der Mann vollkommen isoliert. Bisher erhielt er nur fünfmal Besuch. Zwar behauptet Özpolat, psychisch gehe es ihm relativ gut, aber immer wieder treten ihm während des Gesprächs Tränen in die Augen. Olaf Bünger