Kurden existieren im Statistischen Jahrbuch nicht

■ Ethnische Selbständigkeit und interkultureller Austausch werden angestrebt

Mit 40.000 Personen bilden die Kurden eine der größten Bevölkerungsgruppen in Berlin. Eine Gemeinde, in der sie ihrer kulturellen Eigenständigkeit Ausdruck verleihen können, existierte bis vor ein paar Wochen nicht. Noch immer wird die kurdische Volkszugehörigkeit von der türkischen Regierung negiert. Im Jahrbuch des Statistischen Landesamtes werden sie mit der knapp 140.000 Menschen zählenden türkischen Bevölkerung zwangsvereinigt. „Solange deutsche Waffen gegen Kurden eingesetzt werden, kann sich die deutsche Regierung nicht von der Verantwortung gegenüber dieser Volksgruppe ohne eigenen Staat lossprechen.“ Ganz so politisch wie die PDS-Sprecherin im Ausschuß für Ausländerfragen, Karin Dörre, drückte sich der Vorsitzende der ersten kurdischen Gemeinde Deutschlands, Dr. Muhammed Hassan Ali, bei der Gründungsfeier im Berliner Abgeordnetenhaus am Freitag nicht aus. Doch auch er sieht die Rechte der Kurden noch immer mit Füßen getreten, versteht die neugegründete Gemeinde als eine Basis für die Herausbildung einer kurdischen Identität in Berlin. Kurdische Jugendliche werden nun ihre Muttersprache erlernen, sich ihr eigenes Kulturgut, das eben nicht mit dem türkischen gleichzusetzen ist, bewußt machen können. Doch solange an einigen Berliner Standesämtern kurdische Vornamen nicht anerkannt werden, weil sie nicht in einer von der türkischen Regierung definierten Liste aufgeführt sind, kann nicht von Gleichberechtigung gesprochen werden.

Wenn es nach dem Kreuzberger Bezirksbürgermeister Peter Strieder (SPD) ginge, würden bald schon einige Ämter in Berlin nicht nur mit türkischen, sondern auch mit kurdischen Mitarbeitern besetzt. Die kurdische Gemeinde selbst sieht in der Förderung ihrer eigenen Identität keinen Widerspruch zum interkulturellen Austausch mit anderen Volksgruppen. Ihre Gemeinde als „Forum der Begegnung“ zu gestalten, das „auf der Basis der gegenseitigen Achtung“ auch mit der türkischen Gemeinde kooperiert, versteht M. Hassan Ali als Beginn einer kurdischen Eigenständigkeit in Berlin. cs