Töpfer versucht Fischer zu deckeln

■ Der Brand im Atomreaktor Biblis A stört den Bundesumweltminister nicht / AKW soll ans Netz

Frankfurt/Main (taz) – „Minister Fischer ist durch meine Verfahrensweisung von letzter Woche nicht gehindert, die notwendigen Aufklärungsmaßnahmen zu diesem Vorfall zu treffen und das Wiederanfahren der Anlage bis dahin nicht zuzulassen.“ Mit „diesem Vorfall“ umschrieb Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) am Samstag in einem Brief an seinen hessischen Kollegen Joschka Fischer den Brand einer Hauptkühlmittelpumpe im Kernbereich des 1.200-Megawatt-Atomreaktors Biblis A im südhessischen Ried, der am Freitag erst eine Stunde nach der ersten elektronischen Schadensmeldung „entdeckt“ worden war. Für Töpfer ist der „Vorfall“ auch nicht in Zusammenhang mit grundsätzlichem Streit um die Zukunft von Biblis A zu bringen. Töpfer: „Bei dem mir von Minister Fischer in der letzten Woche vorgelegten Anordnungsentwurf zur vorläufigen Stillegung der Anlage geht es um völlig andere Sachverhalte.“ Töpfer sieht deshalb keinen Anlaß, seine Verfahrensanweisung an Fischer, alles zu unterlassen, was ein Wiederanfahren von Block A nach der Revision gefährdet, zurückzunehmen.

Für Joschka Fischer liegt dagegen der Zusammenhang zwischen dem Feuer im inneren Bereich des Reaktors und den von ihm und seinem CDU-Vorgänger Karlheinz Weimar monierten Sicherheitsdefiziten klar auf der Hand. In den 49 Sicherheitsauflagen, die Weimar 1991 mit Dreijahresfrist für die Umsetzung Anfang 1991 erlassen hatte, ging es vor allem um die Aufarbeitung von Defiziten bei der Brandsicherheit und um die Herstellung der Erdbebensicherheit des Reaktors. In einem der taz vorliegenden Schreiben von Fischer an Töpfer vom Samstag heißt es denn auch unmißverständlich, daß der Brandfall dem Bundesminister doch „klar vor Augen geführt“ haben müsse, daß die Bewertung der Brandschutzrisiken vor allem in der Steuerungszentrale des Reaktors eine Stillegung von Biblis A so lange unabweisbar mache, bis die gutachterlich erkannten Defizite behoben seien. Fischer: „Die Entscheidung, verehrter Kollege, über die Sicherheit der betroffenen Bevölkerung in Hessen, Rheinland- Pfalz und Baden-Württemberg liegt aufgrund der Verfassungslage und ihrer bundesaufsichtlichen Weisung nunmehr alleine bei Ihnen.“

Weil Bundesrecht Landesrecht bricht, wird der Altmeiler Biblis A nach der Untersuchung der Ursachen des Brandes voraussichtlich in dieser Woche wieder ans Netz gehen. Für den Direktor von Biblis A und B, Klaus Distler, haben sich trotz des Brandes „keinerlei Hinweise“ darauf ergeben, daß die Sicherheit der Anlage auch nur irgendwo eine Schwachstelle aufweise. Dabei sind die von Fischer beauftragten Experten erst dabei, die Ursachen für den Brand des Pumpenmotors herauszufinden. Die drei Gutachter mit dem Brandschutzexperten Professor Schneider aus Wien an der Spitze sollen unter anderem klären, was passieren würde, wenn ein solcher Brand im Kernbereich des Reaktors bei Normalbetrieb ausgebrochen wäre.

Auf die Expertise wartet auch der Umweltausschuß des Bundestages, der sich auf Antrag der SPD voraussichtlich am kommenden Mittwoch mit dem Brand in Biblis A und der Weisung Töpfers an Fischer beschäftigen wird. kpk

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