Fett und hohl

Hardy Nilsson, der Trainer von Hedos München, hatte es schon am Sonntag nach dem überzeugenden 8:6 seiner Cracks gegen den Mannheimer ERC auf den Punkt gebracht: „Ich denke, wir spielen im Moment besser als in den vier Vorrundenbegegnungen gegen Mannheim, während der MERC schlechter spielt.“ Dem hatte MERC-Coach Craig Sarner nur Durchhalteparolen entgegenzusetzen. „Wir sind noch nicht tot“, machte der „harte Hund“ seiner am Boden zerstörten Mannschaft Mut. Aber auch dies nutzte dem MERC nichts. Letztes Jahr noch erklärter Viertelfinal-Wunschgegner der Kurpfälzer, fielen die Münchner diesmal geradezu über die Mannheimer her, schossen gegen eine nominell starke MERC-Abwehr 28 Tore und erreichten in vier Spielen das Halbfinale.

Dabei schien das Mannheimer Konzept nach 1:5, 1:7 und 6:8 zunächst aufzugehen. Als Venci Sebek nach vier Minuten das 1:0 erzielte, ertönten schon wieder die altbekannten Schmähgesänge der Fans in Blau-Weiß-Rot. Nach dem letztjährigen Hit „Das war Dick, das war Doof“ bedachten die treuen Mannheimer die beiden diesmal mit noch platteren Sprüchen. „Hegen ist zu fett, Truntschka ist zu hohl“, tönte es da durch den Friedrichspark, doch das konnte das Paar auf Münchner Seite nicht davon abhalten, in der Schlußminute des ersten Drittels die Basis für den vierten Hedos-Sieg zu schaffen. Innerhalb von 26 Sekunden machte Gerd Truntschka aus dem 1:0 ein 1:2.

Doch Mannheim kam angriffslustig aus der Kabine und drehte den Spieß ebenfalls binnen 22 Sekunden um – 3:2. Danach aber befielen den schwachen Goalie Peter Franke, der vor einem Jahr noch im Unterhemd Ovationen entgegengenommen hatte, allerschwerste Zweifel ob seiner Bundesligatauglichkeit und eine tiefe, lang anhaltende Depression. Immer wieder schielte der bedauernswerte Schlickenrieder-Nachfolger flehentlich zur Bank Richtung Craig Sarner, doch der rauhe Schnauzbart zeigte kein Erbarmen. Innerhalb von drei Minuten und 46 Sekunden hatten Didi Hegen (2) und Dale Derkatch aus dem 3:2 ein 3:5 gemacht. Mit tätiger Mithilfe des Keepers Franke, der völlig desorientiert auf der Suche nach dem Puck war. Das Münchner Star-Ensemble nutzte brutal fast jeden Mannheimer Fehler und führte den total entnervten Gegner mitleidlos vor. Nach Scheibenverlust des MERC erhöhte Raimond Hilger auf 3:6, ehe Gordon Sherven frei vor Franke auftauchte und ihn zum siebten Mal düpierte. Schließlich gelang Tobias Abstreiter auf Zuspiel der Olympia-Teilnehmer Wally Schreiber (Kanada) und Sergej Chendelev (Rußland) das 3:8 sogar in Unterzahl. Nur die MERC-Fans („Scheißegal, scheißegal, scheißegal“) schickten weiterhin eine Welle nach der anderen auf die Reise.

Für die Mannheimer beginnt jetzt die eisfreie Zeit. Und danach droht Kommerz pur – die Deutsche-Eishockey-Liga (DEL), die Mannheim aufgrund seiner geographischen Lage zwischen Bayern und Nordrhein-Westfalen ins Abseits drängen könnte. Craig Sarner wird dann nicht mehr an der Bande stehen. Er trat nach dem Spiel wegen „fehlender Perspektiven und Differenzen mit dem Vorstand“ zurück. Wallin, Oest, Kochta, Sarner... MERC, der nächste bitte! Günter Rohrbacher-List

Viertelfinale, 4. Spiel: Mannheimer - München 3:8 (Gesamtstand: 0:4; Mannheim im Halbfinale); Berliner Preussen - Krefeld 3:2 (Stand: 3:1); Köln - Landshut 3:4 n.V. (Stand: 1:3); Kaufbeuren - Düsseldorf 2:3 (0:4, Düsseldorf im Halbfinale); Abstiegsrunde, 3. Spiel: Schwenningen - Eisbären Berlin 3:4 (Stand: 0:3), Rosenheim - Ratingen 6:3 (Stand: 3:0)