Genosse Willy Brandt: ein Brief aus Spanien, abgestempelt 1937

Letztes Jahr war Willy Brandt unserer Bundesrepublik noch eine ehrengraue Sondermarke wert: Was ist alles seither passiert! Die „FAZ“ legte ihre Brandt- Hitler-Tagebücher vor, der „Spiegel“ gab seinen nationalen Senf dazu, und jetzt kommen wir: mit einem echten Brief von 1937, geschrieben in Barcelona zur Zeit des Spanischen Bürgerkriegs. „Wie viele Male habe ich nun schon vor Wut Schaum vor dem Mund gehabt angesichts gewisser Züge nationaler Überheblichkeit“, wettert der internationalistische Genosse, und weiter: „Guadalajare, Cordoba, die neue Aktivität an der Aragon-Front, das gibt Anlaß zu den optimistischsten Perspektiven.“ Der Empfänger: ein gewisser Wilhelm Reich, Sexualwissenschaftler und Marxist jenseits der stalinistischen Doktrin. Doch auch Brandts Engagement war nicht so geradeaus, wie der kämpferische Ton glauben macht. Von Schlampigkeiten und Disziplinlosigkeit, von der „Verkrampfung der Bewegung“ ist die Rede, die „Frauenfrage“ wird erörtert: das Dokument eines jungen Sozialisten, aus dem einmal ein deutscher Bundeskanzler werden sollte. Seiten 18 und 19