■ Die Bundestagswahlliste der hessischen Bündnisgrünen steht: Spitzenplätze für Antje Vollmer und Joschka Fischer
: Breite politische Substanz

Daß der Politstratege Hubert Kleinert — Intimus von Spiritus rector Joschka Fischer — auf dem Listenparteitag der hessischen Bündnisgrünen das Opfer seiner eigenen Ansprüche an eine zukünftige Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag wurde, ist eine Ironie des (persönlichen) Schicksals: Eine „breite politische Substanz“ müsse von den Männern und Frauen auf der Bundestagswahlliste der Partei repräsentiert werden, hatte Kleinert auf dem Parteitag lautstark gefordert. Und er bekam die „breite politische Substanz“ serviert: allerdings ohne Kleinert.

Ein Fischer genügte den hessischen Bündnisgrünen. Mit dem „Traumpaar“ Antje Vollmer und Joschka Fischer auf den Spitzenplätzen der hessischen Bundestagswahlliste sah die Basis den Bedarf an gestandenen RealpolitikerInnen mit Breiten- und Tiefenwirkung gedeckt. Daß der Parteitag dem Duett Vollmer/Fischer die „vielleicht sperrige Tante“ (Fischer) Marina Steindor mit ins Boot nach Bonn setzte, ist auf navigatorische Überlegungen der Basis zurückzuführen: Das bündnisgrüne Boot sollte nicht zu steuerbordlastig werden — und mit der als „links“ apostrophierten Ärztin Steindor auf der Backbordseite schien den hessischen Bündnisgrünen die Balance wiederhergestellt.

Daß sich dann noch der erst 23jährige Matthias Berninger gegen Kleinert durchsetzen konnte, ist eine kleine Sensation und ein Beleg dafür, daß sich bei den Bündnisgrünen — jenseits aller Vorabsprachen in den meinungsbildenden Zirkeln — noch Menschen mit Herz und Verstand auch bei wichtigen Personalentscheidungen durchsetzen können. Und weil auch bei den Grünen der (noch) gewaltige Stimmenanteil bei den jungen WählerInnen zu bröckeln beginnt, ist das Votum für Berninger auch unter wahltaktischen Gesichtspunkten eine kluge Entscheidung. An den hessischen KandidatInnen für den Bundestag wird es jedenfalls nicht liegen, wenn die von Fischer und Vollmer vorformulierten drei Wahlziele von Bündnis 90/Die Grünen im Herbst nicht erreicht werden sollten: Rein in den Bundestag, Kohl ablösen — und das Land dann in eine ökologisch-soziale und friedliche Zukunft führen. Klaus-Peter Klingelschmitt