: Bosnien: Auch die Nato redet vom Wetter
■ Kein Angriff auf serbische Stellungen / Wiener Verhandlungen vor dem Abschluß
Genf (taz) – „Schlechtes Wetter“ stoppte den bereits von höchster Stelle befohlenen ersten Angriff von Nato-Kampfflugzeugen auf serbische Bodenstellungen bei Bihać. Differenzen über die Grenzziehung zwischen den Kantonen einer künftigen muslimisch- kroatischen Föderation in Bosnien verzögerten am Sonntag den Abschluß der Wiener Verhandlungen. Vertreter der bosnischen Serben bekräftigten erneut ihre Ablehnung des Föderationsmodells.
Nach wiederholten Angriffen serbischer Panzereinheiten auf französische Unprofor-Soldaten im nordwestlichen Bihać, bei denen am Donnerstag ein Franzose erschossen worden war, forderte der Kommandeur der französischen Einheit am Samstag abend Luftunterstützung an. Daraufhin autorisierten der Unprofor-Oberkommandierende in Bosnien, Rose, und der Sonderbeauftragte für Ex-Jugoslawien, Akashi, Luftangriffe durch Nato-Kampfflugzeuge auf die serbischen Stellungen. Nach Auskunft eines UNO- Sprechers in Sarajevo erfolgten wegen wetterbedingter schlechter Sicht jedoch keine Luftangriffe. Zudem hätten die Serben einige der bei den Angriffen auf die französischen Soldaten eingesetzten Panzer in ihre Stellungen zurückgezogen.
Am Sonntag besuchte der französische Premierminister Balladur Unprofor-Soldaten seines Landes in Bihać. Die serbischen Truppen setzten ihre schweren Panzer- und Artillerieangriffe auf die Stadt jedoch fort. Auch die zentralbosnische Stadt Maglaj wird weiterhin belagert.
In einem Bericht an den UNO- Sicherheitsrat forderte Generalsekretär Butros Ghali unterdessen die Entsendung von 8.675 zusätzlichen Blauhelm-Soldaten für die Unprofor in Bosnien an. Für die Durchsetzung der vom Sicherheitsrat vorgesehenen „Schutzzone“ um Maglaj bedürfe es weiterer 1.500 Soldaten. Neben Angeboten aus Großbritannien (900 Soldaten) Spanien (200) liegt bereits seit geraumer Zeit eine Offerte aus Ankara über 1.000 türkische Soldaten vor, von denen 750 voll ausgerüstet sind und sofort entsandt werden könnten. Ghali befürwortet ihren Einsatz. Serbenpolitiker Krajisnik lehnte die „Präsenz türkischer Truppen in Bosnien, selbst an der Abgrenzungslinie zwischen Moslems und Kroaten“ jedoch als „unerwünscht“ ab. Sie würde „den Krieg neu anheizen“.
Der bosnische Premierminister Silajdžić, Kroatenchef Zubak sowie Kroatiens Außenminister Granić einigten sich in Wien endgültig auf die Verfassung einer künftigen muslimisch-kroatischen Föderation. Bis zu einem späteren Zeitpunkt verschoben wurden dagegen die Verhandlungen über die Details der geplanten Konföderation dieser Föderation mit Kroatien. In Split unterzeichneten die Militärführer der bosnischen Regierungsarmee und der kroatischen Milizen ein umfangreiches Abkommen über die Zusammenlegung der bis vor kurzem noch gegeneinander kämpfenden Streitkräfte zur gemeinsamen Armee der künftigen Föderation. Noch keine endgültige Einigung gelang in Wien über die Grenzen der mehrheitlich kroatischen beziehungsweise muslimischen Kantone einer Föderation. Erschwert wird diese Einigung durch die Haltung der bosnischen Serben. Nach Angaben des Präsidenten ihres selbstausgerufenen Parlaments, Krajisnik, wollen sie lediglich 15 Prozent der derzeit von ihnen besetzt gehaltenen 70 Prozent des bosnischen Territoriums zurückgeben. Die muslimisch-kroatische Föderation müsse sich mit maximal 45 Prozent zufriedengeben, erklärte Krajisnik. Nach den Vorstellungen der USA, die die Wiener Verhandlungen vermitteln, sowie der EU soll die Föderation jedoch 51 Prozent der Fläche Bosniens umfassen. Der nordbosnische Kroatenführer Kovaćević aus der an der Grenze zu Kroatien gelegenen Provinz, fordete Sonntag sogar 67 Prozent für die muslimisch-kroatische Föderation.
Entschieden lehnte Kovaćević einen serbischen Ost-West-Korridor durch Posavina ab. Doch offensichtlich hatte US-Vermittler Redman den bosnischen Serben wie der Regierung in Belgrad entsprechende Offerten gemacht, in der Hoffnung, so die Zustimmung der serbischen Seite zu dem Föderationsplan zu gewinnen. Damit war Redman letzte Woche ebenso gescheitert wie bei seiner Suche nach Unterstützung durch Moskau. Andreas Zumach
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