„Spielgeld“ fürs Kulturroulette

■ Neues Spiel, neues Glück: die Parteien stellen mal wieder Anträge für eine Bremer „Kulturstiftung“ – allein der Einsatz fehlt / Donnerstag Diskussion in der Bürgerschaft

„Die Chancen stehen gut.“ Annelene von Schönfeldt, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, freut sich, wenn sie über die Chancen der Kulturstiftung Bremen spricht. Ihre Partei stellt sich vor, daß das Land Bremen im nächsten Jahr eine erste Rate von 500.000 Mark als Anschubfinanzierung einzahlt. Alsdann sollen Privatpersonen zum Stiften angeregt werden. Und in „drei, vier, fünf Jahren“, so stellt es sich Schönfeldt vor, hat man dann vier Millionen „vor allem auch durch privates Engagement“ zusammengespart. Dann könne die Stiftung anfangen, Geld auch wieder auszugeben, vor allem für die akuten Notfälle des Kulturlebens. Ein entsprechender Antrag von FDP, SPD und Grünen wird am Donnerstag in der Bürgerschaft zur Diskussion gestellt – genaue Zahlen enthält er nicht.

„Was in der Kultur jetzt fehlt, ist letztendlich das Spielgeld“, sagt Thomas Becker, Mitglied der Kulturdeputation. Alle Geldausgaben seien im Haushalt bereits fest verplant, und die Tendenz gehe dahin, daß vieles von der Kultur auf Dauer subventioniert werde. Für die unvorhersehbaren Kulturereignisse sei daher zu wenig Spielraum vorhanden. Zum Beispiel: „Es kommt einer, der eine besondere Ausstellung machen will“, denkt Becker, da könnte dann die Stiftung weiterhelfen. „Oder ein Schüler der Hochschule für Kunst, der einen Granitstein braucht für seine Abschlußarbeit – da sind ja allein die Transportkosten sehr hoch, woher soll er das Geld dafür nehmen? Dem könnte die Stiftung helfen“, sagt Schönfeldt. Aber auch die großen Bremer Museen könnten – z.B. für neue Investitionen – aus diesem Topf schöpfen. Wer im Einzelnen von dem Unternehmen profitiert, das soll dann ein entsprechender Stiftungsrat entscheiden.

Das Kulturressort gibt sich zwar nachhaltig pessimistisch, was die Mobilisierung weiterer Privatleute für die unbezahlten Rechnungen des Bremer Kulturlebens betrifft. Eine Stiftung mit einem Startkapital von nur ein bis drei Millionen Mark hatte Staatsrat Gerhard Schwandner zuletzt als „Lachnummer“ bezeichnet. Gleichviel: Die FDP glaubt an die Notwendigkeit dieser Stiftung. Schließlich habe eine solche Kulturstiftung ja auch „einen politischen Zweck, nämlich, daß private Kulturförderung angekurbelt wird“, sagt Ulrich Berlin, stellvertretender Geschäftsführer der FDP. Wie das genau funktionieren soll – darüber sind sich die Ampelfraktionen allerdings noch uneins. „Die Kulturträger aus dem privaten Bereich sind zumeist shon richtig auf bestimmte Projekte festgelegt“, sagt Wolfram Sailer, für die Grünen in der Kulturdeputation. Einem genauen Satzungsentwurf, den die FDP schon in der Tasche hatte, mochten die Grünen allerdings nun auch wieder nicht zustimmen: Die Grünen geben sich „skeptisch“, was den Erfolg der Stiftung angeht. So ist der Ampel-Antrag auch „nicht mehr als eine Absichtsercklärung der Bürgerschaft“, wenn sie denn zustimmt.

Da geht die CDU doch etwas forscher voran. In ihrem Gegenantrag setzen die Christdemokraten gleich ein bißchen höher an: Fünf Millionen Mark hoch darf der Grundstock schon sein – zu zahlen aus dem Kulturhaushalt, „vielleicht durch eine Gesamtumlage“, erklärt Antragsteller Jörg Kastendiek, den abschlägigen Bescheid des Ressorts wohl ahnend. Außerdem soll die Stiftung eine bürgerlichen und nicht öffentlichen Rechts werden. Sonst bekämen „die Stifter schnell den Eindruck, daß das Ganze nur eine Haushaltsentlastung darstellt.“ Und wenn auf jede private Mark noch eine aus dem Staatssäckel dazukäme, dann könnte die Stiftung schon 1995 Zinsen tragen. Solchen Optimismus teilt man aber selbst bei der Ampel nicht. „Wenn da tatsächlich jemand eine Million Mark hinlegt“, bangt der SPD-Kulturexperte Manfred Fluß, „wo sollen wir dann die andere Million hernehmen?“ viva/tom