Antikommunist aus „innerer Verletzung“

■ Linke unterzeichnen Ehrenerklärungen für rechte Kultur-Chefs der „Welt“

Berlin (taz) – Günter Nenning, Wolfgang Templin, Hans Christoph Buch, Tilman Fichter: Namen, die man bislang noch irgendwie links verorten konnte. Doch das wird nun schwieriger: Denn sie alle und noch andere haben „Ehrenerklärungen“ für die neue, jung-rechte Leitung des Feuilletons der Springerzeitung Die Welt unterzeichnet. Die war vor Wochenfrist in die Schlagzeilen geraten, als 50 Redakteure gegen den Rechtsdrall aufbegehrten. Man wolle nicht den Reps die Steigbügel halten, beschwerten sich die empörten Feuilletonmitarbeiter.

Vom „Aufstand des Schlamms gegen den Berg“ tönte da das neue Führungstrio Rainer Zitelmann, Ulrich Schacht und Heimo Schwilk, nachdem es sich auf einer Betriebsversammlung des Segens von Welt-Leiters Manfred Geist versichert hatte.

Doch das reichte wohl nicht zur Abschottung gegen den Schlamm: Augenscheinlich um ihr standing in der Welt bemüht, formulierten Zitelmann (Leiter des Supplements „Geistige Welt“), Kultur- Chefreporter Schacht und Feuilletonleiter Schwilk zwei unterschiedliche Solidaritätserklärungen, die flugs den Nachrichtenagenturen zugesendet wurden. Inhalt: Zitelmann und Co. seien Journalisten, die ihre „politische Erfahrung“ stets zur „kompromißlosen Verteidigung der Demokratie gegen Links- und Rechtsradikale eingesetzt“ hätten.

Das Aufsplitten in zwei Erklärungen macht Sinn: So läßt sich der Historiker Zitelmann überwiegend von seinen Wissenschaftskollegen die Ehrenhaftigkeit bescheinigen (Arnulf Baring, Eckhard Jesse, Alfred Mechtersheimer, Brigitte Seebacher-Brandt ...). Für Zitelmann treten aber auch der DDR-Bürgerrechtler Wolfgang Templin und der Österreicher Günter Nenning ein. Die früheren Welt am Sonntag-Leute Schwilk und Schacht lassen ihre Autoren in die Bresche springen, darunter Hans Christoph Buch, Walter Kempowski, Lutz Rathenow und Gabriel Laub sowie den Medienmann Thomas Kielinger.

Gegenüber der taz rechtfertigten der Politikwissenschaftler Jesse, Autor Rathenow, Bürgerrechtler Templin und H.C. Buch ihren Einsatz. Keiner von ihnen fühlte sich instrumentalisiert im internen und externen Streit um das Welt-Feuilleton. Ihnen gehe es um die Meinungsfreiheit. Templin: „Ich bin der Meinung, daß man Leuten, deren Thesen einem nicht gefallen, nicht das Auto anstecken darf.“ H.C. Buch verteidigte Schacht als „Antikommunisten aus innerer Verletzung“. Lutz Rathenow sprach von „konservativer Grundierung“, Schacht und Schwilk seien „nicht rechtsextrem“. Jesse bezeichnete Zitelmann als „Nonkonformisten“, der für ein breites Spektrum stehe. Günter Nenning sprach sich für einen Dialog mit „demokratie- und dialogfähigen Rechten“ aus. Nur so könne die Rechtswende beendet werden. kotte