■ Stasi und Doping
: „Allianz des Schweigens“

Berlin (taz) – Irgendwie muß man der Stasi dankbar sein. Hätte es die aktenvermerkverliebten Geheimdienstbürokraten nicht gegeben, wir hätten sie nicht, diese phantastischen Geschichten der Gebrüder Manfred – Ewald (DDR-Sportchef) und Höppner, stellvertretender Leiter des damaligen medizinischen Dienstes, Spitznamen „Chefdoper“ (heute) oder „IM Technik“ (dereinst).

Eilfertig muß der Herr Professor zu Diensten des Geheimdienstes erzählt haben, was im Reich der getunten SpitzensportlerInnen vonstatten ging. Wer konnte seinerzeit auch erahnen, daß böswillige Menschen Geheimes würden öffentlich werden lassen, wie der Spiegel beispielsweise in seiner neuesten Ausgabe, Thema: „Eine große Mafia“.

Die Staatssicherheit bricht unfreiwillig das „Kartell des Vertuschens“, dem Ost wie West gleichermaßen angehörten: Wissenschaftler sollen gefälschte Gutachten erstellt und Funktionäre Siegel gebrochen haben, um Dopingproben unbrauchbar zu machen. Etliche wurden erwischt, darunter auch die heutige ZDF-Sportmitarbeiterin Kristin Otto im Jahr 1989 ebenso wie Dagmar Hase, die drei Jahre später um ihre Freundin Astrid Strauß fernsehflennende Schwimmerin. Indes, positive Befunde verflüchtigten sich schlicht durch eine simple, aber wirksame „Allianz des Schweigens“. Vollendet brüderlich müssen die Bruderländer miteinander umgegangen sein: „Gegenseitige Absprachen machten die Welt hinter dem Eisernen Vorhang zum Doping-Eldorado“ (Spiegel). Dopingvorwürfe hätten sich auf diplomatischem Wege erledigt. Dopingfälle bei der WM der Gewichtheber wurden 1980 in der sowjetischen Botschaft kurzerhand wegdiskutiert.

Wir erfahren, wie vollmundige Anti-Doping-Kämpfer den Kampf gegen Manipulation im Spitzensport zu kämpfen pflegten: Primo Nebiolo, Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes, zitierte 1988 in Los Angeles Dopingfahnder Manfred Donike auf sein Hotelzimmer. Seine Botschaft an den Kölner Dopingfahnder: Er habe gefälligst für „weniger positive Dopingfälle“ zu sorgen. Donike weigerte sich angeblich. Doch unser akribischer Stasi-Info-Lieferant notierte bereits 1985: „daß Donike [...] auch individuelle Absetz-Termine bestimmt und damit das Doping ebenfalls unterstützt“ hat. Dieser kontert heute, er habe den Urin für „harmlose wissenschaftliche Tests“ benötigt. Dichtung und Wahrheit? – das bleibt auch nach der Lektüre von Stasi-Akten die Frage.coh