Rätselhafter Schwund

■ Preisfrage vor dem Amtsgericht: Wer, bitte, hat die 3668 Gaspistolen geklaut?

Der Prozeß vor dem Amtsgericht am Sievekingplatz war undurchsichtig. Angeklagt wurde Hans L., der als Angestellter der Firma Ahrens 3668 Gas- und Schreckschußwaffen im Wert von 148.513,50 Mark entwendet haben soll.

Hans L. war in der Außenhandelsfirma der verantwortliche Sachbearbeiter für die Pistolen; daß er eine sechsjährige Gefängnisstrafe wegen Rauschgiftgeschäften hinter sich hatte, ahnten weder Chef noch Kollegen. Als im April 1992 Unregelmäßigkeiten in der Buchführung entdeckt wurden, vernichtete L. vier Rechnungen. Eingeständnis seiner Schuld?

Der Angeklagte bestritt, daß er die Waffen entwendet habe. Vielmehr sei er in Panik gewesen, als die Fehlbestände entdeckt wurden: „Ich dachte, wenn ich das dem Chef melde, holt er gleich die Polizei und meine Vergangenheit kommt heraus.“ Also versuchte L. den Vorgang zu vertuschen.

Dubios waren die Lagergewohnheiten der Firma. Inhaber Lü. bestätigte, daß die Waffen teilweise in einem Besucherraum kartonweise gestapelt waren, zu dem jeder zufällig vorbeikommende ungesehen Zugang hatte. Ein Umstand, der den Angeklagten entlastet. Dennoch: „Mir ist das heute noch ein Rätsel, wie die Pistolen verschwinden konnten“, sagte Joan Lü. und befand sich damit im Einverständnis mit allen weiteren Zeugen.

Das Gericht bemühte sich um Aufklärung, doch der Fall blieb verworren. Fest steht nur: Das Verschwinden der Waffen wurde durch einen Steuerberater bemerkt, weil die Bücher nicht stimmten. Hans L. hat sich durch sein Verhalten selbst verdächtig gemacht – aber es kommen auch andere Täter in Frage. Denn L. hatte, im Gegensatz zum Inhaber und zwei Kollegen, keinen eigenen Schlüssel zu den Räumlichkeiten. Das Urteil: 100 Tagessätze zu je 25 Mark, wegen Vernichtung von Buchhaltungsunterlagen. Torsten Schubert