Decoder-Party

■ 200 platte Hintern bei der Oscar-Verleihung, gestern live in der Schauburg

Das war eine lange Nacht. Das Foyer der Schauburg wirkte um halb sieben Uhr morgens mindestens so grau wie die Gesichter der gut zweihundert BesucherInnen, die bis zum allerletzten Moment ausgeharrt hatten. „And the Oscar for the Best Movie in 1993 goes to: Schindler's List“, sagte Harrison Ford in die Kamera. Und im Kino brach lauter Jubel aus. Als wenn Stephen Spielberg es in Los Angeles hören könnte. Aber egal, wer so lange wach bleibt, sich dreieinhalb Stunden den Hintern plattsitzt, muß auch mal aus sich herauskommen.

Man war zur Oscar-Verleihung, live auf der Großbildleinwand, in die Schauburg geströmt: schließlich hat nicht jede einen Decoder-Schlüssel für einen deutschen Pay-TV-Sender zu Hause. Daß dann im Kino mitten in der Nacht nun nicht gerade die völlig ausgelassene Party stieg, war nicht verwunderlich. Als jedoch „The Boss“ Bruce Springsteen live auf der Bühne in L.A. losrockte, gerieten selbst die Nachteulen im Filmsaal in Wallung. Star and action schienen dem überwiegend jungen Publikum gut zu gefallen. Andererseits hielten die Leute auch nicht mit beißendem Spott zurück. Deborah Kerr, sichtlich gealtert (aber das ist schließlich nicht ihre Schuld) und wohl auch schon ein wenig senil, konnte sich auf der Leinwand jedenfalls vor Rührung für ihren Life-Oscar kaum noch einkriegen. Und was taten die Freaks in der Schauburg? Sie schluchzten despektierlich mit. Allerdings, bei aller Achtung vor dem Alter der dekorierten Grande Dame, ihr Gesülze war beim besten Willen nicht zu ertragen.

Alles in allem, die Werbe-Show der Amerikanischen Filmakademie, voran die mitunter wirklich witzige Moderatorin Whoopy Goldberg, machte Spaß. Ist ja nur einmal im Jahr. Lobsang Samten