„Schönster Schadstoff“

■ Neue Gewerbeflächen nach Sanierung von Mobil-Oil Gelände

Einen „Modellfall in Sachen Altlastensanierung“ präsentierte Umweltsenator Ralf Fücks gestern: Das 20 Hektar große Gelände der „Mobil-Oil-Marketing und Raffinerie GmbH“ im Industriehafen soll in fünf Jahren von Ölrückständen saniert werden, die schon das Grundwasser belasten. Ein Vertragswerk zwischen Firmen und Umweltbehörde sieht vor, daß die Besitzerin und Schadensverusacherin Mobil Oil das Gelände zum symbolischen Preis von einer Mark an die Sanierungsfirma Umweltschutz Nord verkauft. Die übernimmt damit das Sanierungsrisiko nach den Richtlinien der Umweltbehörde. Nach Beendigung der Reinigungsmaßnahmen kann sie dafür über die Immobilie verfügen.

Für Umweltsenator Fücks ist die Vereinbarung „ein ökologischer und ökonomischer Glücksfall“: dringend notwendige Sanierung kann in absehbarer Zeit kostengünstig erledigt werden. Dadurch können weitere ökologische Schäden begrenzt und neue Gewerbeflächen geschaffen werden.

Auf runde 20 Millionen Mark schätzte Emmo Poetzsch, der Geschäftsführer von Umweltschutz Nord, gestern den Verkaufswert der Immobilie nach ihrer mikrobiologischen Reinigung. Fünf Jahre werden dafür veranschlagt. Voraussetzung ist die Entfernung von rund 250 Blindgängern aus dem 2. Weltkrieg, die noch im Erdreich vermutet werden. Die Kosten für die Entsorgung der Sprengkörper liegen bei der Stadt.

Mobil Oil hatte das Gelände seit 1976 ausschließlich als Großtanklager genutzt und die Oltänks abgebaut, nachdem die Bombenfunde bekannt wurden. Seit 1990 liegt das Gelände brach, Mobil hatte ihre Aktivitäten nach Hamburg verlegt.

Fast 10 Prozent der Fläche im ehemaligen Ölhafen zählen heute zu den „stark verschmutzen“ Problemzonen. Insgesamt müssen rund 600.000 Quadratmeter gereinigt werden. Weil das Bodenreich bis in drei Meter Tiefe verseucht ist, rechnen die Sanierer mit rund 260.000 Kubikmetern Erde, die behandelt werden sollen. In direkter Nähe zum Mobil-Gelände verfügt die Umweltschutz Nord über eine 10 Hektar große Fläche, auf der sie eine Bodenreinigungsanlage betreibt. Seit 10 Jahren hat die Firma Erfahrungen in der bakteriellen Bodenreinigung, von ihren vierzehn Bodenreinigungsanlagen im Bundesgebiet steht die größte in Bremen. Hier soll nun „biologisch“ regeneriert werden, wie Poetzsch betonte. „Auf den Einsatz von genetisch manipulierten Organismen verzichten wir.“

Aufgrund erprobter Verfahren bei der Regenerierung mineralölverunreinigter Böden schätzt die Firma das finanzielle Risiko ebenso wie das Rückstandsrisiko als kalkulierbar ein. „So gesehen ist Mineralöl der schönste Schadstoff“, sagte Poetzsch. Vor drei Jahren hatte die Firma Umweltschutz Nord den Grünen bereits Anlaß zu einer aktuellen Stunde in der Bürgerschaft geboten, erinnert sich die Abgeordnete Elisabeth Hackstein auf Anfrage. „Damals ging es um ein oberirdisches Reinigungsverfahren, bei dem die Gefahr bestand, daß sich nach Bodenbewegungen schädliche Gase aus dem Erdöl in die Luft verflüchtigen.“ ede