Vor einem Durchbruch in Nahost?

■ In den israelisch-palästinensischen Gesprächen über eine Wiederaufnahme der Autonomiegespräche wurden erste konkrete Vorschläge für Hebron erörtert / Norwegen und die USA vermitteln

Tunis/Tel Aviv (taz) – Vorgestern Nacht haben die PLO und Israels Verhandlungsdelegation in Tunis eine Vereinbarung erreicht, nach der sie offenbar schon in Kürze die Nahostverhandlungen über das Teilautonomieabkommen für Jericho und den Gaza- Streifen wiederaufnehmen können. Dies verlautete aus PLO- Kreisen in Tunis. Die Autonomiegespräche waren nach dem Massaker in Hebron ausgesetzt worden. Aus Tunis hieß es, es gebe nurmehr kleine Differenzen, die noch geklärt werden müßten; die erreichte Übereinkunft solle noch heute in Kairo von israelischen und palästinensischen Delegierten schriftlich fixiert werden. Wenn dies gelinge, könne es möglicherweise schon morgen zu einem Treffen des israelischen Außenministers Schimon Peres mit dem PLO-Vorsitzenden Jassir Arafat in Paris oder Kairo kommen.

Bei den Gesprächen am Montag ging es um die teilweise Umsetzung der am Freitag verabschiedeten UN-Resolution 904, die von Israel Maßnahmen zum Schutz der Palästinenser in den besetzten Gebieten verlangt. Der Weg für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen wurde nach Aussagen von PLO-Mitarbeitern geebnet, indem Arafat – gegen den Willen der übrigen PLO-Führung – gegenüber der israelischen Delegation unter Leitung des stellvertretenden Chefs des israelischen Generalstabs Amnon Schachak weitgehende Konzessionen gemacht hat.

Maßnahmen der israelischen Regierung zum Schutz der Palästinenser sollen danach zunächst nur im Hinblick auf den Gaza-Streifen, Jericho und Hebron abgesprochen werden. Unter der in der Resolution geforderten internationalen Präsenz soll fürs erste lediglich eine auf Hebron begrenzte Anwesenheit des Internationalen Roten Kreuzes verstanden werden und nicht die von UN-Beobachtern. In der Stadt sollen zusätzlich palästinensische Polizisten eingesetzt werden, die Bewohner der Stadt Hebron sein müssen und israelischem Kommando unterstehen.

Einen Abzug der Siedler aus Hebron soll es vorläufig nicht geben, lediglich einen Umzug der zur Zeit in fünf verschiedenen Teilen der Stadt lebenden Siedler in ein einziges Stadtviertel. Arafat soll darüber hinaus lediglich gefordert haben, daß Israel der US-Regierung zusagt, die Siedler in den kommenden Monaten vollständig aus Hebron zu evakuieren.

Nach Informationen gut informierter PLO-Diplomaten hat Arafat für diese Konzessionen von Israel die Zusicherung erhalten, daß das Gaza-Jericho-Abkommen in kürzester Zeit geschlossen und realisiert wird. Die israelischen Truppen sollen demnach schon bis Mitte April aus dem Gaza-Streifen und aus Jericho abgezogen werden. Arafat könnte somit schon in der zweiten Aprilhälfte nach Gaza und Jericho kommen.

Israelische Quellen äußerten sich skeptischer über den Verlauf der Gespräche über die Wiederaufnahme der Autonomieverhandlungen. Nach diesen Quellen verlangte die israelische Delegation Änderungen in einem norwegischen Kompromißvorschlag, den Norwegens Vizeaußenminister Larssen machte und der Arafats Zustimmung fand. Danach sollen bis zu 500 leichtbewaffnete Mitglieder einer internationalen Formation in Hebron stationiert werden, 600 bis 1.000 weitere Mitglieder dieser Einheiten im Gaza- Streifen, und nochmal 1.200 Mann in Jericho. Die bis zu 2.700 Mitglieder dieser internationalen Verbände sollen sich zusammen mit Palästinensern und Israelis an Patrouillen beteiligen, die auf Grund des norwegischen Plans unter israelischem Kommando stehen sollen. Der norwegische Vermittler soll für Hebron ein einstweiliges Arrangement vorgeschlagen haben, das Elemente israelischer und palästinensischer Vorschläge kombiniert: Vertreter des IRK sollen als „Vorhut“ der internationalen Überwachungseinheiten dienen sowie gemeinsame israelische Armee- und palästinensische Polizei- Patrouillen, während palästinensische Polizei noch vor der Unterzeichnung des Autonomieabkommens in Gaza und Jericho Stellung bezieht. Der norwegische Vorschlag wurde angeblich von den USA unterstützt. Israels Delegation ist gestern nachmittag, aus Tunis kommend, zu dringenden Beratungen mit Ministerpräsident Rabin in Jerusalem eingetroffen. Khalil Abied/Amos Wollin