„Das ist kein gut angelegtes Geld“

■ Interview mit Martin Kleene, Sprecher der Auslandshilfe des Caritasverbandes

taz: Herr Kleene, der Bundeswehreinsatz in Somalia, der als humanitär verkauft wurde, hat den deutschen Steuerzahler satte 310 Millionen Mark gekostet. Gut angelegtes Geld?

Martin Kleene: Das ist kein gut angelegtes Geld, wenn man den Einsatz unter dem Gesichtspunkt betrachtet, daß er als Hilfsprojekt bewertet wird. Für humanitäre Hilfe kann mit viel weniger Geld Sinnvolles geleistet werden. Aber den Bundeswehreinsatz kann man eigentlich nicht unter diesem Gesichtspunkt betrachten: Er ist im Kontext von UnosomII zu sehen, humanitäre Hilfe ist da nur ein Teilaspekt.

Trotzdem waren die humanitären Leistungen als solche zu teuer?

Ja. Wir gehen davon aus, daß die Unterstützung der Eigenständigkeit und der Selbsthilfe der Betroffenen sowie die Nachhaltigkeit solcher Maßnahmen nicht gewährleistet sind, wenn das Militär dies durchführt. Die Bundeswehr war in Somalia ein Fremdkörper. Prozesse sollten auch dann weitergehen, wenn der Unterstützer nicht mehr am Ort ist. Bei der Bundeswehr steht dann der Abzug im Vordergrund.

Warum sollen Zivilisten und Militärs überhaupt kooperieren?

Es gibt zwei Bereiche, in denen das Militär im Umfeld humanitärer Hilfe sinnvoll tätig sein kann: Das sind die Absicherung in kritischen Situationen sowie die logistische und kommunikationstechnische Unterstützung von Hilfsorganisationen und einheimischen Kräften. Allerdings nur unterstützend. Es gibt genug „Weiße Elefanten“ in der Entwicklungszusammenarbeit, genug Bauwerke und Projekte, die schnell errichtet werden und gegen die sich niemand aus der einheimischen Bevölkerung wehren wird. Entscheidend aber ist, eigenständige Prozesse zu unterstützen.

Was hat Ihre Organisation gemacht?

Zusammen mit dem Diakonischen Werk betreiben wir ein Gemeinschaftsprogramm in Somalia. Das hat 1992 begonnen mit der Versorgung mit medizinischer Hilfe und Spezialnahrung für Kinder und Mütter. Seit 1993 haben wir 23 Schulen repariert. Auch versuchen wir, somalischen Jugendlichen, die bislang nur mit dem Dienst an der Waffe ihr Auskommen gesichert haben, eine berufliche Ausbildung zu ermöglichen.

Fazit also: Die ganze Aktion war bloße PR für weltweite Einsätze der Bundeswehr...

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die humanitäre Hilfe für politische Zwecke instrumentalisiert wurde. Und teuer noch dazu. Ein Zahlenvergleich: Unser Hilfsprojekt mit sieben Mitarbeitern in mehreren Dörfern kostet 15 Millionen Mark – nur ein Bruchteil der Kosten des Bundeswehreinsatzes mit 2.000 Soldaten an nur einem Ort. Interview: Hans-Hermann Kotte