Privatkrieg

■ Die NDR-Jugendwelle "N-Joy-Radio" darf nicht senden / Klage des Privatsenders "OK" hatte einstweilen Erfolg

Hamburg (dpa/taz) – Ausgesprochen aufgeräumt betrat Frank Otto, Kaufhauserbe und Betreiber des privaten Hamburger „OK-Radios“, am Donnerstag mittag die Räume seiner Redaktion. Soeben hatte das Hamburger Verwaltungsgericht dem NDR in einer einstweiligen Verfügung untersagt, mit der geplanten Jugendwelle „N-Joy-Radio“ auf Sendung zu gehen. Bei OK flogen daraufhin die Sektkorken: „Heute abeiten wir freiwillig zwei Stunden länger“, erklärte einer der Musikredakteure euphorisch.

„Die beste Musik, die tollsten Infos“ wollte der NDR ab dem 4. April seinen Hörern zwischen 14 und 20 Jahren präsentieren. Mit dem N-Joy-Radio sollten Programmchef Thorsten Engel und seine jungdynamische Mannschaft zum erstenmal ein neues öffentlich-rechtliches Programm neben der privaten Konkurrenz plazieren: Rund um die Uhr rechnergesteuerte Musik, achtmal drei Minuten Wort am Tag, ein „junges, schnelles, modernes Programm“.

Nicht nur die Programmfarbe, auch die Produktionsbedingungen – nur zwanzig Mitarbeiter sitzen an der voll vernetzten und digitalisierten Studiotechnik – erinnern stark an einen Privatsender. Alles in den fern des NDR-Funkhauses angemieteten nagelneuen Studios, in denen zur Zeit der Probebetrieb läuft, sieht nach Werbeumfeldradio aus. Fünf Millionen Mark soll N-Joy im Jahr nur kosten. Das Geld will der Sender durch interne Einsparungen aufbringen. Denn Werbeeinnahmen hat der NDR mit seiner fünften Programmkette nicht im Blick: Das Vergnügen an N-Joy-Radio soll von keinen Reklamespots getrübt sein – der NDR-Staatsvertrag will es so.

Kein Wunder, daß sich die werbeabhängige Konkurrenz aufregte, als vor einem halben Jahr die Konturen des öffentlich-rechtlichen Coups bekannt wurden: Das Projekt gehe „direkt gegen die Privaten“, schimpfte etwa Jan Carlsen, Geschäftsführer beim Kieler „Delta-Radio“, und Frank Otto, Betreiber des Hamburger Musiksenders OK-Radio gab unumwunden zu: „Ja, wir haben Angst.“

Otto, der nun einstweilig Erfolg mit seiner Klage hatte, will schlimmstenfalls „bis zum Verfassungsgericht“ gehen, um eine weitere rundfunkpolitische Grundsatzentscheidung – diesmal zugunsten der Privaten – zu erzwingen. Der Versandhauserbe moniert nicht nur, daß sich der NDR durch interne Umverteilung Frequenzen für N-Joy frei macht, er sieht das gesamte duale System in der Schieflage: „Ich kann mir nicht vorstellen, daß öffentlich-rechtlicher Rundfunk sich selbst ein Programm genehmigt.“

Im NDR-Funkhaus hatte man die Anrufung des Gerichts lange nicht sonderlich ernst genommen: „Die Privaten haben doch immer nach Wettbewerb geschrien. Wenn der NDR in den Wettbewerb geht, heulen sie auf“, erklärte NDR-Sprecher Kohlmann noch vor wenigen Wochen. Sein N-Joy- Projekt betrachtet der Sender, der bislang tatsächlich ein wenig jugendorientiertes Programm anbietet, als Teil der Grundversorgung. Mit einer Stunde täglich aus Rostock will der NDR nach einem Jahr endlich seiner Osterweiterung Rechnung tragen, die sich im Programm bislang kaum niederschlägt. Von Mecklenburg-Vorpommern gingen die lautesten Rufe nach einem NDR-Jugendradio aus, seit die Kultwelle DT 64 abgeschaltet wurde.

Und so ist der Kampf um N-Joy längst nicht ausgetragen. Noch bevor die OK-Redakteure ihre Überstunden abgearbeitet hatten, kündete der NDR Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht an. Lutz Meier