"Wir brauchen Essen aus Bonn"

■ Telefonanschluß der Kurdistan-AG an der TTechnischen Universität gesperrt / AStA: "Unerträglicher Einschnitt in unsere Arbeit" / Deutsche Wahlbeobachter in der kurdischen Stadt Batman festgehalten

Seit dem 22. März ist der Telefonanschluß des AusländerInnen- Referates der Technischen Universität gesperrt. „Kundgebungen der kurdischen Bevölkerung gegen die türkische Regierung“ seien möglicherweise über diesen Apparat koordiniert worden, begründet TU-Präsident Dieter Schumann seine Entscheidung. Derartige Aktivitäten lägen außerhalb der gesetzlich definierten Aufgaben des AStA. Da dieser Telefonanschluß nicht nur von der Kurdistan-AG benutzt wird, bewertet die StudentInnenvertretung die Sperrung als einen „unerträglichen Einschnitt“ in ihre Arbeit.

Seit dem kurdischen Neujahrsfest Newroz halte sich eine Berliner Beobachterdelegation in Türkisch-Kurdistan auf, die diesen Anschluß als Kontakttelefon benutze. Die TeilnehmerInnen der Reise hätten keine Möglichkeit, über Menschenrechtsverletzungen durch die türkischen Sicherheitskräfte oder den Grad ihrer eigenen Bedrohung zu berichten. Die Sperrung dieses Anschlusses bedeute also auch eine zusätzliche Gefährdung dieser Delegation, der auch der Vorsitzende der AStA der TU Berlin, Bernd Steinhoff, angehört. Nur über Umwege könnten nun noch Informationen aus der Türkei zur Kurdistan-AG gelangen.

Nach Angaben des AusländerInnenreferates der Freien Universität wurde die Berliner Delegation nach der Besichtigung eines niedergebrannten Dorfes bei Cizre von der Polizei festgenommen. Möglicherweise wurden die Mitglieder dieser Gruppe körperlich mißhandelt. Die Frauen seien „untersucht“ worden, was sich in der Regel auf die Jungfräulichkeit beziehe.

Delegation festgesetzt

Unterdessen wird seit vergangenen Sonnabend 9 Uhr Ortszeit eine Beobachterdelegation in Batman in Türkisch-Kurdistan in ihrem Hotel festgehalten. Die Delegationsmitglieder, darunter auch Berliner, hielten sich seit 18./19. März in der Türkei auf und wurden nach Angaben von medico international schon mehrmals in ihrer Arbeit behindert. In der als „Hochburg kurdischer Aktivitäten“ geltenden Erdöl-Stadt Batman wurden den deutschen Beobachtern von türkischen Sicherheitskräften ihre Pässe abgenommen. Inzwischen sitzen die ungefähr 52 Personen in ihrem Hotel ohne telefonische Verbindung zur Außenwelt fest.

Die deutsche Botschaft stellte am Sonntag an den Supergouverneur in Batman ein Ultimatum, innerhalb einer Stunde den telefonischen Kontakt wiederherzustellen oder die Delegation freizulassen. Erst nach dieser Intervention wurde die Sperrung des Telefonanschlusses zurückgenommen. Nur mit Mühe hätte der deutsche Botschafter durchsetzen können, mit den Delegationsmitgliedern zu sprechen, berichtete die Europaabgeordnete Claudia Roth.

Einige Beobachter, die versuchten, das Hotel zu verlassen, seien von den türkischen Sicherheitskräften zusammengeschlagen worden. In einer aus der Unterkunft hinausgeschmuggelten Meldung beklagten die Delegationsmitglieder, von Samstag nachmittag bis Sonntag nacht weder Nahrungsmittel noch Getränke erhalten zu haben. „Wir verhungern, wir verdursten. Wir brauchen Essen aus Bonn“, lautete die Kurzmeldung der Inhaftierten. cs