Foto-Ausstellung über Hitler abgesagt

■ Museumsdirektor Stölzl reagiert damit auf eine Bitte des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, Jerzy Kanal

Die Hitler-Bilder des Fotografen Heinrich Hoffmann werden in Berlin nicht zu sehen sein. Der Direktor des Deutschen Historischen Museums (DHM), Christoph Stölzl, sagte gestern überraschend die lange vorbereitete Ausstellung ab. Er entspreche damit einer Bitte des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Jerzy Kanal. Die Ausstellung, die derzeit in München zu sehen ist, sollte ursprünglich am 28. April eröffnet werden. Seine Entscheidung stehe nicht im Zusammenhang mit dem jüngsten Anschlag auf die jüdische Synagoge in Lübeck, versicherte Stölzl gestern gegenüber der taz. Er habe sich bereits am Donnerstag nach einem Telefonat mit Kanal „innerlich“ zur Absage entschlossen.

In dem Gespräch habe Kanal darauf hingewiesen, daß die öffentliche Präsentation von Hitler- Porträts die Gefühle der jüdischen Menschen verletze. Kanal habe ihm gesagt: „Es tut uns weh.“ Seine Absage sei eine „spontane persönliche Antwort auf eine dringende persönliche Bitte“, sagte Stölzl.

Bereits im Vorfeld hatte die Ausstellung für Wirbel gesorgt. Nach Protesten der Humanistischen Union (HU) verschob Stölzl die ursprünglich kurz vor Hitlers Geburtstag am 20. April vorgesehene Eröffnung auf Ende des Monats. Die „Vereinigte Verkehrs- Reklame“ weigerte sich zudem, die Ausstellungsplakate zu kleben. Mehrere Organisationen äußerten die Befürchtung, die Fotos könnten zu Kultobjekten für Rechtsextremisten werden. Enttäuscht zeigte sich Stölzl, daß immer noch ein „tiefes Mißtrauen gegen erwachsene Ausstellungsbesucher herrscht“. Seiner Überzeugung nach hätte man gerade an den Fotos von Hitlers Leibfotograf Hoffmann das Thema „Wahrheit und Lüge“ als ein zentrales Thema zum Verständnis des 20. Jahrhunderts thematisieren können. An der Ausstellung dürfe jedoch nicht „auf Biegen und Brechen“ festgehalten werden, wenn damit die Gefühle von Menschen verletzt würden.

Der Leiter des Münchner Stadtmuseums, Wolfgang Till, äußerte gestern Verständnis für Stölzls Absage. Der Direktor des DHM habe ihm geschildert, daß die Bitte von Kanal in sehr persönlicher Form vorgetragen worden sei. „In solch einem Fall muß jeder aufklärerische Standpunkt beiseite geschoben werden“, meinte Till. Seit Eröffnung der Ausstellung am 20. Januar haben nach Schätzungen von Till rund 40.000 Besucher die Bilder gesehen. Er verwahrte sich gegen den Vorwurf, die Ausstellung könnte von Neonazis als „Kultstätte“ mißbraucht werden. Nur zweimal hätten rechtsextreme Gruppen sein Museum besucht, seien aber friedlich geblieben. Das Poster zur Ausstellung, das Hitler in Zivil zeigt, mußte nach einer Intervention des Oberbürgermeisters Christian Ude (SPD) zurückgezogen werden. Nach Angaben von Till hatte die Staatsanwaltschaft das Poster in den Räumen des Rechtsextremisten Ewald Althans gesehen und daraufhin Ude informiert. Severin Weiland