Rotgraue Tarif-Einigung

■ HVV-Preise sollen langsamer steigen

Schon vorbei. Zwei Tage nach Veröffentlichung der zur „ersten Koalitionskrise“ hochgejubelten Meinungsunterschiede zwischen rotgrauem Senat und Statt Partei-Fraktion einigten sich Stadtregierung, SPD und Wählervereinigung gestern auf ein neues Tariferhöhungsmodell für den öffentlichen Personen-Nahverkehr. Statt, wie vom Senat beschlossen, um 7,2 Prozent steigen die HVV-Preise am 1. Juni zunächst um 3,2 Prozent. Ab 1. Januar 1995 werden die Tickets noch einmal um durchschnittlich vier Prozent teurer. Die dann erreichten Tarife sollen bis zum Jahresende 1995 Bestand haben.

Noch nicht einig sind sich die rotgrauen Koalitionäre über die genauen Folgen ihrer Einigung. Während die Statt Partei-Abgeordneten davon ausgehen, daß der HVV die durch die verzögerte Preisanhebung entstehenden Mindereinnahmen - sechs Millionen Mark - durch Rationalisierung ( = weniger Personal) ausgleicht, wollten SPD-Vertreter von dieser Art des Sparens gestern nicht allzuviel wissen. Verkehrssenator Eugen Wagner prophezeite statt dessen entweder zusätzliche Belastungen für den maroden Stadthaushalt oder aber Leistungseinschränkungen des HVV.

Grund für die unterschiedliche Kompromiß-Folgeabschätzung: Wagner sieht die HVV-Betriebe als optimal organisierte, „absolute Top-Unternehmen“. Der verkehrspolitische Sprecher der Statt Partei, Klaus Scheelhase, sieht dagegen Bedarf für eine „totale Umstrukturierung“ des HVV. Der HVV erwirtschaftet derzeit nur 66 Prozent seiner Ausgaben. Das aus der Stadtkasse zu deckende Defizit schwoll 1993 auf 660 Millionen Mark an. In den Betrieben des Verkehrsverbundes sind rund 8000 Arbeitnehmer beschäftigt.

Ein dickes Lob für die Wählervereinigung gab's von der GAL: „Wegner hat einen ersten Erfolg gegen die SPD erzielt und die Tariferhöhung auf einigermaßen erträgliche Prozentpunkte zurecht gestutzt.“ Eine Interpretation, die ein hochrangiger SPD-Fraktionär gestern nicht teilen wollte: „Läuft doch prima, uns waren die 7,2 Prozent doch auch viel zu hoch.“ uex