Das Ost-West-Feeling

■ Die Zwei-Welten-Band „Iki Dünya“ gibt nach ihrer Erfolgsfahrt auf der Multi-Kulti-Schiene heute ihr Abschiedskonzert im Schlachthof

Es hat nicht lange gedauert, und sie war auf die Multi-Kulti-Schiene geraten, die Bremer Orient-Okzident-Band Iki Dünya. Das hat sie zwar nicht gerade gestört, denn von Anfang an wollten ja auch die MusikerInnen selbst zwei Welten („Iki Dünya“) verbinden. Vier Jahre haben sie damit experimentiert, traditionelle türkische Hochzeitsmusiken mit West-Rock zu mischen. Iki Dünya hatte Erfolg, wurde in ganz Deutschland herumgereicht, produzierte eine CD, feierte vor zwei Jahren die erste orientalische Nacht im Schlachthof. Dort geben sie heute abend ihr Abschiedskonzert.

Nicht etwa, weil vielleicht die zwei Welten nicht zueinandergefunden hätten – die Gründe für ihre Auflösung liegen für Iki Dünya eher auf persönlicher Ebene. Und doch meint Sängerin Sophie Schultze heute rückblickend: „Wir haben irgendwie nirgends reingepaßt. Wir wollten nie eine türkische Band sein, waren aber andererseits auch nie die großen Integrierer.“

Sie hatten einfach Lust auf eine orientalisch-europäische Fusion gehabt. „Daß das gerade Türkisch wurde, hat sich ergeben“, meint Gitarrist Ulli Duve. Und zwar durch den Schlagzeuger Hüsrev Talu, dem Mitgründer und einzigen Ausländer der Band. Der faßte einst den Entschluß, die krassen Klanggegensätze, die er tagtäglich zu hören bekam, doch mal zu vereinigen. Gleichgesinnte waren schnell gefunden. Die Musiker reizte allesamt die neue Herausforderung, und Sängerin Sophie Schultze hatte sowieso schon immer ein persönliches Faible fürs Türkische gehabt.

Interkulturelle Pädagogik studiert sie, aber eigentlich hat ja alles damit angefangen, daß sie die Sprache lernen wollte. Ihr damaliger türkischer Freund tat da sein Übriges – und die zahlreichen Reisen in sein Heimatland. Sophie begann, für Iki Dünya auf Türkisch zu texten. Viele Liebesgeschichten sind dabei, oft aber geht es in ihren Songs auch um bi-nationale Probleme.

Die Band ließ sich Sophies Texte übersetzen und entwickelte dann den Sound dazu. „Klar waren uns da die Elemente der traditionellen türkischen Musik erstmal einigermaßen fremd“, sagt Ulli Duve. „Aber du kannst dafür schon so etwas wie ein Feeling entwickeln. Bestimmte Tonleitern oder Rhythmen sind ja erlernbar.“ Alle waren anfangs sehr gespannt gewesen, wie die TürkInnen auf ihre Musik reagieren würden. Sophie hatte da oft im Vorfeld das Gefühl, als deutsche Frau und vor allem wegen ihrer blonden Haare nicht ernstgenommen zu werden. Sobald Iki Dünya aber dann auf der Bühne war, bekamen sie stets gute Resonanz. Einmal haben sie sogar in Ankara bei einer türkischen Hochzeit „aufgespielt“.

Ansonsten aber trat die Multi-Kulti-Band vor allem bei allen möglichen AusländerInnenfesten auf. „Da hatten wir zwischendurch schon den Eindruck, eine Art Alibi-Funktion zu übernehmen. Und da fehlt dann das richtige Feedback. Die Leute kamen ja nicht explizit wegen uns.“ Dieses ständige Gefühl, zwischen zwei Stühlen zu sitzen, hat Sängerin Sophie Schultze nun zum Aufhören bewogen. Die anderen hätten vielleicht noch versucht, ganz pragmatisch gegen die Zwangsklemme anzugehen. Mit gezielter Promotion etwa. Oder schlicht mit einer neuen CD. Ulli Duve: „Es gibt ja die Ethno-Hörer. Wir hätten vielleicht mehr instrumentale Sachen machen können. Ich hätte mir eine Saz besorgt, dann wäre das sicher gelaufen.“

Der Versuch, für Sophie eine Ersatzsängerin zu finden, ist jedoch gescheitert, so daß die Band bis Herbst auseinandersplitten wird. Wenn alles klappt, wird Iki Dünya bis dahin noch über das Goehte-Institut auf Türkei-Tournee gehen. Das wäre für alle ein schöner Abschluß.

Heute zum finalen Tanzfest, das übrigens auch die türkische Tanzkapelle Bremen Gelisim und die usbekische Bauchtänzerin Schachlo mitgestalten, gibt es noch eine letzte Iki Dünya-Premiere: ein „akustisch orientiertes Barhocker-Set, bißchen percussiver, bißchen ruhiger“. Silvia Plahl

Kulturzentrum Schlachthof, Findorffstr. 51, 20 Uhr