: Anti-Siemens-Sammlung
■ Gerold Janssen: Spendenaufruf für den Umweltschutz – und sein Bußgeld
„Ich werde das Bußgeld für meine Anti-Siemens-Parolen nicht bezahlen“, hat der Bremer Umweltschützer Gerold Janssen am Dienstag dem Gericht erklärt (vgl. taz 30.3.) und listig konkretisiert: „ich persönlich nicht“. Stattdessen will er sein Verfahren und das Urteil nutzen zu einem großen Spendenaufruf für den Umweltschutz: „Ich fordere alle, die meine Aktion richtig finden, auf, auf das Sonderkonto des BUND, Kto. 1021922 bei der Sparkasse zu spenden“ – für das Bußgeld und für weitere Aktionen gegen die „Siemens-Stadt“ in Uni-Ost. Und beim nächsten Bußgeldbescheid, den Janssen gerade für Mal-Aktionen in der Innenstadt erhalten hat, wolle er sich vors Rathaus setzen und die Summe demonstrativ zusammenbetteln.
Vor Gericht hatte Janssen nicht nur deshalb einen relativen Erfolg, weil der Richter die Bußgeldsumme – zweimal 500 Mark – auf insgesamt 250 Mark verkürzte. In der Begründung übte der Richter auch deutliche Kritik an der Bußgeldbehörde, die zweimal den Höchstsatz verhängt hatte. Der Richter wußte gleich aus dem Gedächtnis zwei, drei Fälle, in denen nach Demonstrationen keine Ordnungswidrigkeits-Verfahren angestrengt wurden – etwa wegen des Transparentes, das wochenlang über der Stader Straße hing. Und er warf die Frage auf, wie denn sanktioniert werden soll, wenn jemand ätzende Gifte auf die Straße kippt, wenn für eine Akryl-Parole schon die Höchststrafe verhängt wird.
Bei der Festsetzung von Bußgeldern gelte das „Opportunitätsprinzip“, sagte der Richter in Richtung Innenbehörden, nicht aber „ein verkapptes Opportunismusprinzip“. Der Richter bat Janssen regelrecht um Verständnis dafür, daß die Ordnungswidrigkeit nicht ungesühnt bleiben könne, und empfahl ihm, eventuell einen offiziellen Antrag zu stellen – so wie taz-Zeichner Til Mette, der vor dem Gerichtsgebäude die Straße bemalen durfte.
Janssen hatte zuvor klipp und klar gesagt: Der Höchsatz ist ein „politischer Preis“. Und er bekannte sich zum „Mut zum Chaotentum“. Er, Janssen, sei einer der wenigen, die nicht sagen würden: „Die da oben machen doch, was sie wollen.“ Ziviler Ungehorsam gehöre eben einfach zur Demokratie dazu.
K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen