Goldregen prasselt auf Messehallen

■ Trotz Umsatzrückgang und Sparzwang macht Senat für den Ausbau der Berliner Messe zwei Milliarden Mark locker

Während Milliardendefizite im Haushalt riesige Löcher in den Sozialetat (38 Millionen Mark), in die Kassen für Schule und Bildung (120 Mio.) oder Bauen (309 Mio.) reißen, kommt das teuerste Bauvorhaben der Stadt weiter ungeschoren davon: Der Ausbau des Berliner Messegeländes für rund zwei Milliarden Mark bleibt oberste Priorität in der Investitionsplanung – trotz des Umsatzrückgangs der Messe 1993.

Zu den derzeit 103.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche in den Hallen unter dem Funkturm sollen in zwei Bauabschnitten zusätzliche Flächen in einem Umfang von rund 78.000 Quadratmetern treten. Bis zur Eröffnung der Funkausstellung 1997 will die landeseigene Messe Berlin GmbH die Kapazitäten auf 140.000 Quadratmeter Nutzfläche steigern. Bis zur Jahrtausendwende, hofft Messe- Chef Manfred Busche, die Flächen auf insgesamt 181.000 Quadratmeter ausbauen zu können. Die „Messestadt Berlin“ würde nach Hannover und Frankfurt Rang vier unter den großen Messestandorten belegen.

Um die Erweiterungen zu realisieren, werden 1994 bestehende Ausstellungsflächen abgerissen. „Trotz der veränderten Finanzentwicklung ist die ursprüngliche Größenordnung der Planung noch aktuell“, sagte Messe-Sprecher Wagner zur taz. Für das laufende Jahr sei vorgesehen, den Hallenblock zwei bis sechs an der Jafféstraße abzureißen und die „Halle A“ zu errichten. 1995 soll ein weiterer Hallenneubau entstehen. Auch die Überlegung, die Jafféstraße nach Süden hinter die Deutschlandhalle zu verlegen, „ist noch nicht verändert worden“, so Wagner.

Das immense Bauprogramm für zwei Milliarden Mark aus der Landeskasse war zum großen Teil noch unter der Maßgabe der Olympiabewerbung Berlins entstanden. Danach sollten etwa die Ringer unter dem Funkturm um Gold kämpfen. Michaele Schreyer, Grüne im Abgeordnetenhaus, plädiert darum für eine Revision der Planung auf dem Messegelände und dessen Finanzierung. Die bestehenden Hallen sollten weiter genutzt werden, so Schreyer. Allein der Abriß und die temporären Ersatzbauten kosteten 21 Millionen Mark. Ebenso reichten die Einsparungen etwa bei Materialien nicht aus. Angesichts der Finanzlage nähme sich beispielsweise „der Verzicht auf Stützfreiheit der Hallen“ wie eine „kosmetische Operation“ aus, heißt es in einer Erklärung. Schreyer forderte erneut, daß die Ausbauplanungen unter dem Aspekt der Finanzierbarkeit überprüft werden müßten. Außerdem sollten keine Hallen abgerissen und eine Verringerung der Ausstellungsflächen vorgenommen werden. Zudem müsse der Senat auf die rund 30 Millionen Mark teure Verlegung der Jafféstraße verzichten. Außerdem, betonte Schreyer, sei es notwendig, die Finanzierung der Bauvorhaben „auf eine andere Form als die reine Finanzierung aus dem Landeshaushalt“ umzustellen. Rolf Lautenschläger