Vox ist fix und foxi

Der Kölner Sender Vox wird nun endgültig liquidiert / Trotzdem wird morgen der Bildschirm nicht schwarz / Bis auf weiteres senden die Kölner mit einem Notprogramm weiter  ■ Aus Köln Peter Hanemann

Zu guter Letzt, als der WAZ- Konzern als letzter ernsthafter Interessent für einen Vox-Einstieg längst ausgeschieden war, versuchten die Bertelsmänner, ihren Sender mit einem Märchen am Leben zu erhalten. Vox, einst als „Ereignisfernsehen“ gestartet, und seit langem inhaltlich wie finanziell am Rande der Pleite, sei nicht am Ende, hieß es noch am Dienstag nachmittag. Man verhandele derzeit mit Walt Disney.

Es sollte also der Eindruck entstehen, daß sozusagen ein Dagobert Duck das bislang 390 Millionen Mark teure Desaster mit seinen vielen Talern einfach ausbügeln würde und aus dem nur noch mäßig informationsorientierten Vollprogramm womöglich ein volles Kinderprogramm mache.

Aber am Abend des gleichen Tages war es dann doch nicht mehr zu verheimlichen: der Sender- Standort Köln-Ossendorf ist nicht Entenhausen. Während draußen die Gerüchteküche noch Dagobert verarbeitete, war man im Funkhaus selbst eher fix & foxi.

Von den 273 Vox-Mitarbeitern, die nach der ersten Entlassungswelle im Dezember letzten Jahres übriggeblieben waren, um ein eher abspielorientierteres Programm zu produzieren, hatten 236 ihre Kündigung bereits erhalten. Nach dem ersten Schreck, den ein solcher Vorgang immer auslöst, machte sich dann unter der Belegschaft eine seltsame Stimmung zwischen Trauer und Galgenhumor breit. Im Wechselbad solcher Launen will die Belegschaft auch heute Abend ihren Ausstand feiern. Motto der Party: „So oder so.“

Für die Außenwelt machte Vox- Geschäftsführer Bernd Schiphorst dem Spuk um Dagobert dann um 18 Uhr endlich ein Ende. In den hauseigenen TV-Nachrichten verkündete er, daß es trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen sei, eine stabile Gesellschafterstruktur zu schaffen. Eine nette Umschreibung für das endgültige Aus des Senders. „Die Gesellschaft bedauert gegenüber den Mitarbeitern, den Zuschauern und der werbetreibenden Wirtschaft zutiefst diese Entwicklung.“

Vox-Mitarbeiter zu Bertelsmann?

Zu diesem Zeitpunkt war aus dem Sendezentrum beinahe ein Hochsicherheitstrakt geworden: von der nachfolgenden Mitarbeiterversammlung sollten betriebsfremde Medien ausgesperrt bleiben. Selbst Manfred Harnischfeger, bei Bertelsmann für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, fungierte im Foyer als Wachmann. Unisono mit der Geschäftsleitung komplementierte der Betriebsrat die freie Presse aus dem Saal.

Dabei gab es auch hinter verschlossenen Türen keinen Konfliktstoff, der nicht moderat ausgetauscht wurde. Programmdirektor Klaus Klenke werde Vox zum 31. März verlassen, wurde den Mitarbeitern verkündet, und daß die Geschäftsführung sich gemeinsam mit dem Betriebsrat auf einen freiwilligen Sozialplan verständigt habe. Bertelsmann hat seine interne Stellenvermittlung für die Vox-Belegschaft geöffnet.

Manfred Lahnstein, der als für elektronische Medien zuständiger Bertelsmann-Vorstand und Vorsitzender des Vox-Beirates als hauptverantwortlich für die TV- Pleite gilt, gab im weiteren Verlauf des Abends teilweise Management-Fehler zu, meinte aber, die Gesellschafter hätten sich halt nicht um jede Kleinigkeit im Sender kümmern können. Überhaupt sei Bertelsmann mit seinem bisherigen offiziellen 24,9prozentigen Vox-Anteil nur ein Gesellschafter unter mehreren gewesen. Den Rest der Schuld verwies Lahnstein flugs vor die verschlossene Tür: vieles, was Bertelsmann versucht hätte, sei von interessierter Seite „kaputtgeschrieben“ worden.

Sechzig Abwickler sollen vorerst bleiben

Bei der partnerschaftlichen Rückschau war man sich einig, daß die entscheidenden Fehler bereits in der Startphase im Frühjahr 1993 gemacht worden seien. Daß Schiphorst, als er im Spätsommer seine Geschäftsführung antrat, eigentlich gleich als Abwickler begann, wurde hausintern indes nicht thematisiert.

Praktisch sind die meisten MitarbeiterInnen ab Karfreitag ohne Arbeit – „freigestellt“ bei Einhaltung der ausgehandelten Kündigungsfristen. Mit gemischten Gefühlen haben 60 VoxianerInnen aufgenommen, daß sie vorerst weiterarbeiten müssen: sie sollen die „Abwicklung“ des Senders besorgen und ein Notprogramm „fahren“, das notfalls nur aus Wiederholungen besteht.

Nichtjuristen mag es überraschen, daß der Sendebetrieb Vox auch in der Abwicklungsphase aufrechterhalten bleibt. Würde allerdings heute um Mitternacht einfach ein Testbild gesendet, wäre morgen – in Ermangelung der nötigen Gesellschafter, die alle zum heutigen Tag gekündigt hatten – die Lizenz weg. So aber geht sie an Klaus-Peter Blobel, der als Liquidator der Vox Film- und Fernseh GmbH eingesetzt wurde. Blobel ist Geschäftsführer der US-Holding der Bertelsmann AG.

Auch für die Liquidationsphase hält Schiphorst noch ein Märchen bereit: „In dieser Zeit ist es nicht ausgeschlossen, daß Vox durch neue Gesellschafter übernommen und wiederbelebt wird.“