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Durchsichtiges Kalkül

■ betr.: „Wir wollen stärkste Kraft werden“, Interview mit Rudolf Scharping, taz vom 19.3.94

Der SPD-Kanzlerkandidat präsentiert seine Partei als bessere CDU! Er kopiert auch das beachtliche demagogische Potential der Partei Heiner Geißlers. So behauptet Scharping, die Grünen wollten den Benzinpreis „sofort“ auf fünf Mark erhöhen. Dies sei „platter Unfug“.

In dem in Mannheim verabschiedeten Bundestagswahl-Programm von Bündnis 90/Die Grünen ist von einer „sofortigen“ Benzinpreiserhöhung auf fünf Mark nicht die Rede! Dort ist unzweideutig beschlossen worden, daß eine Erhöhung des Spritpreises auf fünf Mark langfristig (!) erfolgen soll. Im Programmtext heißt es dazu: „Die Preise müssen die ökologische Wahrheit sagen. So hält der von der Bundesregierung beauftragte Sachverständigenrat für Umweltfragen eine Erhöhung der Kraftstoffpreise auf fünf Mark pro Liter im Jahre 2005 (!) für notwendig. Deshalb fordern wir eine Erhöhung der Mineralölsteuer in einem sofort beginnenden Stufenplan... Wir schlagen vor: Eine einmalige Erhöhung um 50 Pfennig pro Liter und darauf folgend eine Erhöhung um real 30 Pfennig pro Jahr...“

Scharpings demagogische Entgleisung entspringt einem durchsichtigen Kalkül. Er will via Massenmedien signalisieren: Bündnis 90/Die Grünen könnten mit ihrem rigorosen Sofortismus nicht ernstgenommen werden. Diese Partei wollte den kleinen Leuten am liebsten das Auto wegnehmen. Scharpings Rechnung könnte aufgehen: Bekanntlich wird bei Wahlen nicht über das abgestimmt, was in Programmen steht, sondern über das, was in den Massenmedien über Programme verbreitet wird! Wolfgang Bayer, Bonn

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