Wehe, Sternenstaub!

■ In Bremen soll ein „Weltraumpark“ für 120 Millionen Mark entstehen

Eine Sonnensystem-Achterbahn! Ein Kuppelkino! Eine Marshalle! Und ein Zeittunnel nicht minder! Seit dazumal „Nick der Weltraumfahrer“ in Heftchenserie ging, hat es in Deutschland nicht mehr so viel Weltraum auf einem Haufen gegeben. Ein Raumfahrt-Erlebnispark in Bremen, 80.000 Quadratmeter groß, 120 Millionen Mark teuer: Solches steht uns bevor, wenn die Zeit kommt, da die Projekte wahr werden.

Mehrere Monate schon arbeiten zwei ernsthafte Herren in der Bremer Niederlassung der Deutschen Aerospace (DASA) an dem Vorhaben, namentlich Dr. Wolfgang Wilke und Kai Burmeister. 700.000 Mark haben sie bereits für erste Studien und Standortanalysen ausgegeben, 300.000 Mark davon hat der Bremer Senat gestiftet, und wenn die Sache brummt, soll sich alles auszahlen: Mit jährlich 1,3 Millionen Besuchern rechnen die beiden schon siegesgewiß, „weil ja Bremen sonst keine überregionale Attraktion hat“, sagt Wilke.

Diese aber, die erste „mitten in diesem weißen Flecken“, soll dafür gleich „Space City Europe“ heißen oder so ähnlich und auf 20.000 Hallenquadratmetern wirklich alles bieten:

ein „Weltraumbahnhof“ empfängt die Besuchermassen, welche pro Kopf zirka 30 Mark zahlen und sich dann eine der angebotenen „Missionen“ aussuchen

eine eigene Halle steht für lehrreiche Wechselausstellungen parat, gerne auch multimedial

via Achterbahn kann man an magisch beleuchteten Saturn- und Jupiterkugeln kometengleich vorbeisausen

ein begehbarer „Zeittunnel“ führt durch die Geschichte der Weltraumfahrt

eine „Mars-Halle“ bietet annähernd fußballfeldweit Höcker, Mulden, wüstenhafte Ebenen, wie wir sie am Mars lieben, und zudem ein echtes „Bergwerk“: Man betritt einen „Förderaufzug“, verborgene Maschinen ruckeln ein paar Minuten an der Kabine herum, dann steigt man drei Meter tiefer „unter Tage“ wieder aus und kann marsmäßige Mineralien schürfen

eine Halle zum Thema „Outer Space“ erlaubt Einblicke in fernste Galaxien

ein I-Max-Kino von der Sorte, wie sie im Deutschen Museum zu München sehr erfolgreich läuft, projiziert vor 400 Plätzen spezielle Filme auf eine riesige Halbkuppel, so daß sich der berühmte Rundumeffekt einstellt. Auf dem letzten Shuttle-Raumflug war bereits eine I-Max-Kamera dabei; Kilometer von Filmmaterial in dem superbreiten I-Max-Format von 85 Millimetern (Kinoformat: 35 mm) sind die Folge

„und die Gänge dazwischen stopfen wir natürlich mit Multimedia voll“, sagt Wilke.

nebenbei soll auch noch ein „Space Camp“ aufgebaut werden, wo junge Tunichtgute für 700 Mark eine Woche lang quasi Astronautenunterricht erhalten, wobei sie vor allem im „Space Shuttle“-Simulator tüchtig gerüttelt werden. In den USA sollen solche Camps gutes Geld machen, weiß Wilke.

Und so weiter. Von der Tatsache zu schweigen, daß natürlich alle interessierten Firmen Gelegenheit haben, sich in diesen Hallen zu präsentieren und für die Sache der Raumfahrt zu werben. Die PR-Kassen dieser Firmen hat Wilke im Blick, wenn er der benötigten Summe hinterhergrübelt; die US-typische Mischung aus Werbung, Belehrung und En-tertainment soll für den Erfolg sorgen, und was die beteiligten Firmen nicht zuschießen, soll über Eintrittsgelder, Restaurationsbetriebe und den unumgänglichen Souvenirverkauf eingespielt werden, „alles rein privatwirtschaftlich“.

Von der Stadt Bremen wünscht sich Wilke nur noch einmal einen letzten Zuschuß für die nächste Planungsphase bis Ende diesen Jahres. Geschätzte Kosten: zwei Millionen Mark. Dann aber soll endgültig entschieden werden, ob die Sache riskiert werden kann und von wem. Die DASA wolle „auf keinen Fall als Hauptinvestor“ auftreten, sagt Wilke. Immerhin sei nun aber auch schon aus der Münchner Konzernzentrale Wohlwollen signalisiert worden.

In diesen Tagen beginnt planmäßig die heiße Phase der „Partnersuche“; von ihrem Erfolg hängt es ab, ob vielleicht auch noch die allerneueste Variante der I-Max-Technologie eingekauft werden kann, nämlich ein Sensationskino mit beweglichen, fahrbaren, schwenkbaren Zuschauerstühlen.

Einen ersten gewichtigen „Partner“ hat man bereits: Die staatsnahe „U.S. Space Camp Foundation“ hat sich entschlossen, mit all ihrer Erfahrung schon einmal der „Projektgesellschaft“ beizutreten, die nun zur weiteren Vorbereitung gegründet wird.

Wo aber soll das Ding nun hin? Das ist noch ungeklärt. Autobahnanschluß sollte schon sein; am besten fände Wilke die Gegend des Technologieparks an der Uni, wo schon der Fallturm als Wahrzeichen für den Weltraumstadtpark bereit steht. Aber der Platz dort ist knapp, es sei denn, man wiche ein wenig über die Autobahn ins Hollerland aus, „aber das ist ja Naturschutzgebiet“.

Manfred Dworschak