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Myasthenie-Gesellschaft ist da

■ Selbsthilfe-Verein der „Onassis-Krankheit“ verlegte Sitz nach Bremen

In der Hohentorsheerstraße 51, wo einst Modewaren die PassantInnen anlocken sollten, liest man nun Deutsche „Myasthenie-Gesellschaft e.V.“ Rosemarie Amann, seit März 1993 mit dem Vorstand betraut, lud gestern zum Eröffnungsempfang. Neben Staatsrat Dr. Hans Hoppensack erschienen erste PatientInnen in der von Karlsruhe nach Bremen umgezogenen Hauptstelle.

„Myasthenia gravis“, im Volksmund „Onassis-Krankheit“ genannt, bedeutet schwere Muskelschwäche. Kennzeichen der Erkrankung ist eine belastungsabhängige Muskelschwäche, die sich in Ruhe wieder bessert. Man weiß heute, daß der Störung eine Beeinträchtigung der Reizübertragung vom Nerv auf den Muskel zugrunde liegt. Dadurch ist die geordnete Muskelanspannung nach einem Nervenreizes gestört. Ursache dieser Störung ist eine fehlgesteuerte Immunreaktion, d.h. eine Bildung von Abwehrstoffen (Antikörpern) gegen körpereigene Strukturen auf der Muskulatur.

Wie es dazu plötzlich kommt, weiß man bislang nicht. Diese Antikörper blokkieren nicht nur die Übertragung des Nervenimpulses auf den Muskel, sondern sie zerstören auch diese Muskelbestandteile. Da der Körper selbst keine Antikörper bildet, spricht man von einer Autoimmunerkrankung.

„Zuerst haben alle nur geflachst“, sagt die Vorsitzende Rosemarie Amann, als ihr während einer Tagung plötzlich ein Augenlid herunterfiel. Selbst betroffen, will sie mit dem Verein den Informationsaustausch unter den Erkrankten und Ärzten fördern, Betroffene beraten, die Öffentlichkeit über die Erkrankung aufklären, Forschungsvorhaben fördern, die die Behandlungsmöglichkeiten verbessern.

„Ich schaute aus dem Fenster und plötzlich hing die Wäsche nicht nur auf der Leine, sondern auch auf dem Baum.“ Doppelsichtigkeit ist nur eines der vielen Symtom der Muskelschwäche, welche sich auf Sprech-, Schluck- und mimische Muskeln ausbreitet. Abwertende Sätze hat schon so mancher der Betroffenen über sich ergehen lassen müssen, wenn er sich mit seinem Gesicht in der Öffentlichkeit zeigte, ein Gesicht, das des Lachens nicht mehr fähig ist, ein nach unten hängender Mund: „Man hält uns für blöd“, sagt eine ältere Dame.

H.G.

Rosemarie Anman möchte helfende Ansprechpartnerin sein, viele Informationen hält sie bereit: Spezialisten der Krankheitserkennung, Verhaltensmedizinische Aspekte, das therapeutische Konzept, Cortison-10 Gebote für den Patienten, ein Verzeichnis ausländischer Ärtzteadressen. Geöffnet hat die Hohentorsheerst. 49/51 Mo-Do:9-12 Uhr, Tel. 0421/ 592060

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