Das zwickt die zwar

■ Wie das Kulturressort ein halbe Million streicht, ganz ohne daß sich ein Grummeln erhebt

Jetzt ist die Zeit gekommen, da der Senatsbeschluß vom 13. März vollstreckt wird: Insgesamt 575.000 Mark muß die Kultursenatorin Trüpel bei ihren konsumtiven Ausgaben, also beim laufenden Betrieb einsparen. Damals hatte ihr Ressort diese Summe als bestes aller denkbar schlechten Verhandlungsergebnisse gefeiert, heute aber muß sie erst einmal erbracht werden: Vor einigen Tagen erhielten alle nachgeordneten Dienststellen der Kulturbehörde, vom Übersee-Museum bis zur Volkshochschule, einen nüchternen Brief mit dem Betreff „Vollzug der Haushalte 1994, hier: Einnahme- und Ausgabesituation“. In dem Brief heißt es klipp und klapp, daß hiermit die konsumtiven Ausgaben um acht Prozent zu kürzen seien. Einzelheiten, betreffend die Fragen wie und wo, mögen die Betroffenen selber klären und bis zum 6. Mai mitteilen.

Insgesamt will das Kulturressort allein über diese nachgeordneten Dienststellen 400.000 Mark einsparen. Weitere 250.000 Mark müssen sonstige Leistungsempfänger aufbringen. Von „marginalen Abschlägen“ spricht der Staatsrat Schwandner. „Das zwickt die zwar“, sagt er, „aber nicht über Gebühr. Wir haben uns bemüht, nur dort zu kürzen, wo es nicht allzu weh tut.“

Eine Vorlage, über der die Kulturdeputation am 21. April brüten soll, sieht vor, daß zum Beispiel der Kunstverein, die Weserburg und das Gerhard-Marcks-Haus noch einmal verschont bleiben. Und die Stadtbibliothek soll mit einer halbierten Kürzungsquote davonkommen. Ansonsten handelt es sich meist um Beträge zwischen 5.000 und 20.000 Mark.

Bei den nachgeordneten Dienststellen sieht es schon anders aus: Das Übersee-Museum ist mit 85.000 Mark gefordert; dort wird man's aus dem eh schon winzigen Etat für Sonderausstellungen nehmen müssen, und der Museumspädagogik ist auch schon ganz schlecht. Das Staatsarchiv soll 25.000 Mark streichen; dort fällt jetzt endgültig der Etat für den Ankauf von Archivalien (zuletzt waren noch 2.000 Mark drin), es wird keine eigenen Ausstellungen mehr geben, der Bücheretat wird gekürzt, und zwei Veröffentlichungen sind ab sofort gestrichen: darunter eine über die Geschichte der Sinti im Faschismus. Zudem leidet das Archiv unter der Personalsperre, die der Senat verhängt hat: „Das droht zu einer Dauerblockade zu werden“, sagt Hartmut Müller, der Leiter des Archivs. Von 35 Stellen sind sechs nun auf lange Sicht vakant, und Müller weiß nicht mehr recht, wie er all die Arbeit verteilen soll: „Wir lassen sehenden Auges unsere geschichtlichen Quellen verrotten“.

Das Focke-Museum muß 30.000 Mark abgeben, und die Tatsache, daß sich die Betroffenen selber aussuchen dürfen, woher sie das Geld nehmen, erbittert den Museumsleiter Jörn Christiansen erst recht: „Das ist die Frage, ob wir uns lieber den linken oder lieber den rechten Daumen abschneiden wollen“.

Warum aber hält die Kulturszene nun so still? „Es ist einfach schwierig“, sagt Christiansen, „über so lange Zeit eine gewisse Solidarität aufrechtzuerhalten, weil ja viele nicht wissen, ob sie nicht doch was kriegen. Da will man sich's nicht durch allzu scharfe Kritik verderben.“ So ist die Lage, sagt er, typisch für unsere kleine Stadt und ihre „Verkommenheit“.

In Wirklichkeit ist es nicht nur so, daß die Kürzungen dieses Jahres noch vor der Sommerpause ist nächste Jahr übertragen werden sollen, nein, es ist schon die Rede von weiteren 3,2 Millionen, die irgendwo noch zusammenzukratzen seien. Da würde es mit Prozentzahlen nicht mehr abgehen, „da wird dann dichtgemacht, das ist ja klar“, sagt der Staatsrat Schwandner. „Aber noch glaube ich an das Gute.“ schak