Vorschlag

■ Bad Brains im Loft

Sie hätten Trendsetter werden können. Dummerweise wollte sich nur der Trend nicht finden lassen. Also stehen die Bad Brains weiterhin monolithisch und ziemlich alleingelassen in der Gegend rum. Und das seit 1977. Gitarrist Dr. Know versucht, den Reggae und dessen Rasta-Ideologie mit Punk und Hardcore unter ein Strickmützchen zu bringen. Daß Reggae und Punk bzw. New Wave – zumindest ideologisch – nicht so weit voneinander entfernt waren, hatten neben einzelnen Punkbands wie The Clash vor allem die Two-Tone-Kapellen bewiesen. Doch die Bad Brains versuchten auch den musikalischen Crossover. Und das zu einer Zeit, in der dieses Wort eigentlich nur als Schimpfwort für Jazzrock diente.

Dabei bediente sich Dr. Know wechselnder Besetzungen unter demselben Namen. Nur Bassist Daryll Jenifer, der vor den Bad Brains Bass-Unterricht beim Doktor genommen hatte, war seit der Gründung in Washington, D.C., eine feste Größe. Das dachte man jahrelang auch von Sänger H.R., dem ein Großteil der Reggae-Einflüsse zugeordnet wurde. Doch als er die Band 1989 verließ, wurde klar, daß wohl schon früher hauptsächlich Dr. Know Klang und Image bestimmt hatte. Weder mit Chuck Mosely noch mit Henry Rollins änderte sich Grundlegendes. Das Bäumchen-wechsle-dich behinderte die Bad Brains zwar nicht in ihrer eh kaum vorhandenen musikalischen Entwicklung, sorgte aber dafür, daß sie erst im letzten Jahr wieder voll einsatzfähig waren. Und schließlich nach 16 langen Independent-Jahren doch noch bei der Industrie landeten. Fest engagiert ist nun Israel Joseph-I.

Die neuen Songs sind inzwischen säuberlicher getrennt zwischen Reggae und Hardcore, und selbst die anscheinend unvermeidlichen Rap-Einlagen fehlen nicht. Es ist, als wären die Bad Brains nun doch in zwei Bands mit dem gleichen Namen zerfallen. Als Hardcore-Kapelle sind sie weiter knorke stampfend, aber als Reggae-Band völlig aus der Zeit. Denn der Off-Beat ist nicht mehr da, wo ihn die Bad Brains vermuten, und der Trend, den sie vergessen haben auszulösen, ist inzwischen auf den Tanzböden dieser Welt fröhlich zugange: Ragga rocks the house, und eben nicht die „Jah Music“ der Bad Brains. Thomas Winkler

Heute, 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg.